Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. unterbliebene Fertigstellung des Gutachtens wegen Nichterscheinens des Klägers zum Untersuchungstermin: Vergütung von Vorbereitungs- und erbrachten Teilarbeiten. Vergütung von Wartezeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Sachverständige hat Anspruch auf die Vergütung von Vorbereitungsarbeiten und erbrachten Teilarbeiten, wenn die Fertigstellung des Gutachtens aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unterbleibt (vgl OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.11. 2008 - I-10 W 196/07, 10 W 196/07 = OLGR Düsseldorf 2009, 225).

2. Wartezeiten sind zu vergüten, wenn der Kläger zum angesetzten Untersuchungstermin nicht erscheint und der Sachverständige in der Zwischenzeit wegen der Besonderheiten seiner Praxis keine anderen Tätigkeiten ausüben kann.

 

Tatbestand

In dem Klageverfahren X. ./. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Az.: S 14 R 2847/06) beauftragte der Vorsitzende der 14. Kammer des Sozialgerichts Altenburg mit Beweisanordnung vom 29. Januar 2007 die bei dem Institut für Gesundheitsförderung, Arbeitsmedizin und Begutachtung (I.G.A.B.) angestellte Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. X.(im Folgenden: Sachverständige) mit der Erstellung eines Gutachtens zur Notwendigkeit der beantragten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers. Übersandt wurden ihr die Klageakte mit 33 Blatt und die Verwaltungsakte der Beklagten mit - soweit feststellbar - 589 Blatt (Verwaltungsakte 453 Blatt, medizinische Beiakte 136 Blatt). Inhaber des Instituts ist der Beschwerdeführer.

Auf die Mitteilung der Sachverständigen am 20. März 2007, dass der Kläger zum angesetzten Termin nicht erschienen sei, bat sie der Kammervorsitzende telefonisch, diesen nochmals einzubestellen. Am 30. Mai 2007 teilte die Sachverständige dem Gericht mit, dieser sei wiederum nicht erschienen. Mit Verfügung vom 30. Mai 2007 hob der Kammervorsitzende die Beweisanordnung auf.

In ihrer Kostenrechnung vom 5. Juni 2007 machte die Sachverständige eine Vergütung in Höhe von 864,77 Euro geltend (4 Stunden Aktendurchsicht und vorbereitende Arbeiten, jeweils 4 Stunden Praxisausfall am 20. März und 30. Mai 2007, Stundensatz 60,00 Euro, Portokosten 6,70 Euro, Mehrwertsteuer (MWSt) 138,07 Euro). Auf der unterschriebenen Kostenrechnung ist folgender Vermerk angebracht: "Ich trete hiermit die Zahlung an Herrn Dr. med. P. ab". Dies ist der Beschwerdeführer. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 2 des Kostenhefts verwiesen. Mit Verfügung vom 23. Juli 2007 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) der Sachverständigen 293,57 Euro an (Sachverständigenentschädigung 240 Euro (4 Stunden zu 60 Euro), Porto 6,70 Euro, MWSt 46,87 Euro) an und führte in ihrer Verfügung vom gleichen Tag aus, ein Praxisausfall von jeweils 4 Stunden könne nicht nachvollzogen werden. Der Ausfall an Stunden hätte anderweitig in der Praxis genutzt werden können. Mit den erstatteten Stunden würden alle Leistungen der Sachverständigen abgegolten.

Mit Schriftsatz vom 14. August 2007 haben die Sachverständige und der Beschwerdeführer die richterliche Festsetzung beantragt und ausgeführt, bei Gutachtensterminen werde die angegebene Praxiszeit nur für den einen Patienten reserviert. Sie arbeiteten streng nach dem Bestellsystem. Bei der Praxis handle es sich um eine arbeitsmedizinische, nicht um eine kassenärztliche Praxis. Es gebe es keine "Laufkundschaft", die die Zeit überbrücken könne; Büroarbeiten fielen nicht an, Arztbriefe seien nicht zu diktieren.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2007 (Az.: S 14 SF 2457/07) hat das Sozialgericht "in dem Festsetzungsverfahren" der Sachverständigen die Entschädigung auf 293,57 Euro festgesetzt und u.a. ausgeführt, nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) gebe es keinen Raum für die Entschädigung eines Praxisausfall. Die Beschwerde des Beschwerdeführers hat der Senat mit Beschluss vom 28. Mai 2008 als unzulässig verworfen (Az.: L 6 B 12/08 SF). Seine Beschwer sei nicht ersichtlich, nachdem das Sozialgericht nicht über seinen Anspruch, sondern über einen zu Unrecht angenommenen materiellrechtlichen Anspruch der Sachverständigen entschieden habe. Die Entscheidung sei nach dem Tenor und den Entscheidungsgründen für ihn nicht nachteilig.

Mit Beschluss vom 24. September 2008 hat das Sozialgericht die Entschädigung "anlässlich der Begutachtung des Klägers" auf 293,57 Euro festgesetzt und seine Begründung aus dem Beschluss vom 7. Dezember 2007 wiederholt.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und unter Beifügung einer eidesstattlichen Versicherung wiederholt, seine Praxis arbeite nach dem Bestellsystem und habe keine Laufkundschaft. Die Bearbeitung eines anderen Gutachtens in dieser Zeit sei nicht möglich gewesen. Der Vorsitzende der 14. Kammer habe der Sachverständigen am 20. März 2007 telefonisch zugesichert, dass sie den durch die vergebliche Bereithaltung der Praxisräume entstandenen Schaden erstattet bekomme. Bei d...

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