Leitsatz (amtlich)

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer PKH-Beschwerde ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 8. Mai 2000 - Az.: L 6 B 3/00 SF und vom 6. Juni 2000 - Az.: L 6 B 18/00 SF). Abweichend davon kommt es jedenfalls dann auf die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde an, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse zwischen dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife und dem Zeitpunkt der Entscheidung zugunsten des PKH begehrenden Beteiligten geändert haben.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die im Jahr 1957 geborene Beschwerdeführerin beantragte im Mai 2001 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Sie erlernte den Beruf der Facharbeiterin für maschinelle Glasverarbeitung und übte diesen Beruf bis zum 30. November 1991 aus. Anschließend war sie arbeitslos. Vom 17. August 1992 bis zum 14. Juli 1994 nahm die Beschwerdeführerin erfolgreich an einer Umschulung zur Industriekauffrau teil. Außerdem absolvierte sie vom 7. August 1995 bis 6. August 1996 einen Fortbildungskurs zur kaufmännischen EDV-Fachkraft im Architektur- und Baubüro. Seitdem ist sie wieder arbeitslos bzw. arbeitsunfähig, unterbrochen durch die Teilnahme an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 5. Oktober 2001 ab, da die Beschwerdeführerin nach dem ärztlichen Entlassungsbericht zur Rehabilitation der Prof. V. M. vom 19. Juni 2001 und nach der Stellungnahme des ärztlichen Sachverständigen der Beklagten noch leichte Arbeiten mit Einschränkungen für mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2002 als unbegründet zurück. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht zur Rehabilitation der Rehaklinik an der Salza, Bad L., vom 28. März 2003 sowie verschiedenen Befundberichten ergebe sich keine andere Beurteilung des Leistungsvermögens. Die Antragsstellerin, die als Facharbeiterin einzuordnen sei, könne auf ihren Umschulungsberuf Bürokauffrau verwiesen werden.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 4. September 2002 Klage erhoben mit der Begründung, sie sei nicht mehr in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben.

Zur Sachverhaltsaufklärung hat das Sozialgericht Befundberichte von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. S. und von dem Orthopäden Dr. U. eingeholt und Dr. W. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Diese hat unter dem 13. November 2004 eine sekundäre Gonarthrose rechts nach Kniegelenksinfektion mit subjektiven Beschwerden und Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks sowie Zustand nach rezidivierender Synovialitis des linken Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung diagnostiziert. Die Beschwerdeführerin könne noch leichte körperliche Arbeiten sechs Stunden und mehr nur im Sitzen, ohne Hebe- und Bückarbeit, ohne Hebebelastung, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft verrichten.

Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2005 hat der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass an einem bereits am 26. September 2003 gestellten Antrag gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festhalte und hierfür Dr. U. zum Sachverständigen benenne.

Am 28. Februar 2005 hat die Beschwerdeführerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten beantragt.

Das Sozialgericht hat Dr. U. mit Beweisanordnung vom 9. März 2005 zum Sachverständigen gemäß § 109 SGG ernannt und die Bewilligung von PKH mit Beschluss vom gleichen Tage wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nach summarischer Prüfung weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich aus dem orthopädischen Gutachten von Dr. W. Auch eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei nicht gegeben, da die als Facharbeiterin einzustufende Beschwerdeführerin noch in ihrem Umschulungsberuf als Bürokauffrau sechs Stunden täglich arbeiten könne. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung sei nicht erforderlich, woran auch der Antrag der Beschwerdeführerin nach § 109 SGG nichts ändere.

Die Beschwerdeführerin hat hiergegen am 21. April 2005 Beschwerde eingelegt und sich zum Nachweis der Erfolgsaussicht auf einen Arztbrief des Dr. U. vom 24. Januar 2005 berufen.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 9. März 2005 aufzuheben und ihr unter Beiordnung von Rechtsanwalt O. R., Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 11 RJ 1899/02) zu bewilligen.

Die Beklagte hat sich zur beantragten PKH nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 22. April 2005) und die Gerichtsakten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

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