Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei ungeklärter Rechtsfrage

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bewilligung von PKH dürfen bei der Prüfung der Erfolgsaussichten keine zu großen Anforderungen gestellt werden.

2. Eine Rechtsfrage gilt solange höchstrichterlich als noch nicht geklärt, als gegen ein Urteil eines Landessozialgerichts, welches hierzu eine Aussage getroffen hat, Revision zum BSG eingelegt worden ist. Ergeht die Entscheidung des BSG erst nach Eintritt der Bewilligungsreife des PKH-Gesuchs, ist PKH zu bewilligen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 14. Januar 2008 aufgehoben und ihnen Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab dem 9. Februar 2007 unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. V., E., bewilligt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer begehren in der Hauptsache höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Beschwerdeführer zu 1 und 2 beziehen seit Januar 2005 Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Seit dem 1. Juni 2006 bewohnen sie eine circa 70,40 Quadratmeter große Wohnung. Bereits zum 11. Mai 2006 erklärten die Beschwerdeführer zu 1 und 2 gegenüber der Vermieterin - der Kommunalen Wohnungsgesellschaft mbH E. - dass sie unwiderruflich einen Teilanspruch aus der zukünftigen Forderungen auf Arbeitslosengeld II in Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung an diese abtreten. Die Gesamtmiete in Höhe von 501,50 Euro berechnete sich wie folgt: Grundmiete: 296,00 Euro, Vorauszahlung Betriebskosten: 61,00 Euro, Vorauszahlung Heizkosten/Warmwasser: 80,50 Euro, Vorauszahlung Wasserverbrauch: 64,00 Euro. Die Beklagte erkannte die Abtretung am 11. Mai 2006 an. Mit Wirkung zum 1. August 2006 erhöhte sich die Vorauszahlung für die Betriebskosten um 3,00 Euro, sodass sich die Miete auf 504,50 Euro monatlich erhöhte. Am 23. September 2006 wurde der Beschwerdeführer zu 3 geboren.

Auf den Fortzahlungsantrag bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 für die Monate Januar bis Juni 2007 jeweils Leistungen in Höhe von 1.165,01 Euro (davon Kosten für die Unterkunft und Heizung: 490,01 Euro). Die Beklagte überwies an die Vermieterin die Gesamtmiete in Höhe von 504,50 € und kürzte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes um den Differenzbetrag in Höhe von 14,49 Euro. Dieser ergab sich daraus, dass sie bei den Vorauszahlungen für Heizkosten/Warmwasser eine Pauschale in Höhe von 18 v. H. für die Warmwasseraufbereitung in Abzug brachte.

Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer Widerspruch. Durch die Berechnungsmethode der Kosten für die Warmwasseraufbereitung werde es den Hilfebedürftigen unmöglich gemacht, durch ihr eigenes Verbrauchsverhalten bezüglich des Warmwassers die Kosten zu beeinflussen. Der sparsame Hilfebedürftige werde gegenüber anderen Hilfebedürftigen, bei denen die Warmwasserbereitung nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet werde, benachteiligt. Zudem sei die Regelleistung in voller Höhe ohne Kürzung auszuzahlen. Es seien keine Gründe ersichtlich, dass an die Vermieterin ein höherer Betrag, als die zuerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung ausgezahlt würden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2007 unter Verweis auf die mit Wirkung vom 1. Februar 2006 in Kraft getretene Richtlinie der Landeshauptstadt Erfurt zur Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung nach SGB II und SGB XII zurück. Die Kosten für die Warmwasseraufbereitung seien bereits in der Regelleistung enthalten.

Hiergegen haben die Beschwerdeführer am 9. Februar 2007 beim Sozialgericht Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Verwaltungspraxis der Beklagte sei rechtswidrig; indes seien die Beschwerdeführer hierdurch nicht beschwert. Der Ansatz einer Pauschale von 18 v. H. für die Warmwasseraufbereitung sei im Hinblick auf die Rechtsprechung des Thüringer Landessozialgerichts (LSG) nicht zu beanstanden. Allerdings habe die Beklagte diesen pauschalen Betrag vom Regelsatz der Beschwerdeführer abgezogen, was nicht rechtens sei. Die Kürzung sei vielmehr bei den Kosten der Unterkunft und Heizung vorzunehmen. Da die Beklagte den Mietzins aber in voller Höhe an die Vermieterin überweise, resultiere aus dieser Praxis für die Beschwerdeführer im Ergebnis kein Nachteil. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat es die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2008 haben die Beschwerdeführer am 29. Februar 2008 Beschwerde beim Thüringer Landessozialgericht erhoben (Az.: L 9 B 50/08 NZB). In diesem Verfahren wendet die Beklagte ein, dass die Beschwerdeführer nach den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Februar 2008 durch den von ihr gewählten Ansatz einer Pauschale von 18 v. H. für...

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