Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erinnerungsrecht der Staatskasse gegen Vergütungsfestsetzung. Befristung. Verwirkung. Vorliegen derselben Angelegenheit iS von § 15 Abs 2 RVG. Einbeziehung eines neuen Bescheids in ein Klageverfahren. Abänderung oder Ersetzung des angefochtenen Bescheids
Orientierungssatz
1. Die Erinnerung der Staatskasse gegen die Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist nach der gesetzgeberischen Wertung des § 56 Abs 2 S 1 RVG, der für die Erinnerung nicht auf die Fristbestimmung des § 33 Abs 3 RVG verweist, unbefristet.
2. Zu den Voraussetzungen der Verwirkung des Erinnerungsrechts der Staatskasse.
3. Zum Vorliegen "derselben Angelegenheit" iS von § 15 Abs 2 RVG.
4. Ein Bescheid wird iS von § 96 Abs 1 SGG geändert oder ersetzt, wenn der neue Bescheid denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft, bzw wenn in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (vgl BSG vom 9.12.2016 - B 8 SO 1/15 R).
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 2. Juni 2016 (S 4 SF 76/16 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdegegners für das Verfahren S 15 AS 2718/13 auf 541,45€festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Meiningen anhängig gewesene Verfahren (S 15 AS 2718/13) des vom Beschwerdegegner vertretenen Klägers.
Der Kläger und seine Ehefrau hatten sich mit der am 21. Februar 2013 beim SG erhobenen Klage (S 15 AS 393/13) gegen den Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 gewandt, mit dem der Beklagte die Übernahme der Kosten zur Werterhaltung des Hausdaches als Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) abgelehnt hatte. Zur Begründung führte der Beschwerdegegner aus, die Kläger bewohnten ein Eigenheim, dessen Dach mit Bitumenschindeln gedeckt sei. Diese seien eingerissen und dadurch das Dach undicht. Eine Fachfirma habe den Klägern empfohlen das Dach komplett neu zu decken. Die Kosten hierfür beliefen sich auf 6.850,00 € bzw. 7.169,02 €. Sie hätten Anspruch auf Übernahme der Kosten zur Abdichtung ihres Daches. Im Erörterungstermin am 14. August 2013, bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Beschwerdegegners.
Mit der am 20. November 2013 erhobenen Klage (S 15 AS 2718/13) wandte sich der Kläger, vertreten durch den Beschwerdegegner, gegen den Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2013 und begehrte die Übernahme der Kosten für eine Dachreparatur. Nachdem eine Lösung des anhängigen Verfahrens nicht in Sicht sei und es weiter in die Wohnung geregnet habe, habe er im Mai 2013 einen neuen Antrag gestellt. Hierzu sei ein Kostenvoranschlag übergeben worden, der lediglich die Reparatur der schadhaften Stellen vorsehe. Die Kosten hierfür beliefen sich auf fast 4.000,00 €. Der Beklagte habe lediglich eine Kostenzusage bis maximal 959,32 € gewährt, wobei auch insoweit Zahlung nur bei Rechnungslegung durch eine Fachfirma erfolgen würde. Er sei zur Tragung der Kosten nicht in der Lage; er könne auch einen entsprechenden Auftrag nicht erteilen, so dass ihm überhaupt keine Reparatur möglich sei. Der Beklagte hatte den Widerspruch des Klägers als unzulässig verworfen. Der Bescheid vom 18. Juli 2013 sei Gegenstand des bereits beim SG anhängigen Verfahrens (S 15 AS 393/13) geworden.
Der Rechtsstreit (S 15 AS 393/13) wurde erneut zum Erörterungstermin am 5. Februar 2014 geladen. In dem Termin, der von 13:30 Uhr bis 13:50 Uhr dauerte, einigten sich die Beteiligten darüber, dass auch das Verfahren S 15 AS 2718/13 erörtert werden sollte. Das SG bewilligte den “Klägern„ PKH unter Beiordnung des Beschwerdegegners. Die Beteiligten schlossen einen Vergleich dahingehend, dass die Kläger hinsichtlich der notwendigen Dachreparatur eine Zusage für die Ausreichung eines Betrages in Höhe von 959,32 € für den Zeitraum 2013 geltend machen können. Die Kläger würden einen erneuten Antrag bei der Beklagten hinsichtlich der Kostenübernahme für die notwendige Eindeckung des Daches stellen. Das Verfahren S 15 AS 2718/13 erklärten die Beteiligten übereinstimmend für erledigt. Der Beklagte verpflichtete sich in dem Verfahren S 15 AS 393/13 ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu übernehmen.
In dem Verfahren S 15 AS 393/13 beantragte der Beschwerdegegner unter Berücksichtigung des Kostenanteils des Beklagten die Festsetzung von Gebühren in Höhe von 586,99 €. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) veranlasste am 11. September 2014 die Auszahlung dieses Betrages.
In dem Verfahren S 15 AS 2718/13 beantragte der Beschwerdegegner unter dem ...