Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Schulbegleitung. keine vorrangige Leistungspflicht des Schulträgers. keine Betroffenheit des Kernbereichs der Aufgaben der Schule. Auswahl des Schulbegleiters. Wunschrecht des Leistungsberechtigten. unverhältnismäßige Mehrkosten. Vergleichsraum
Leitsatz (amtlich)
1. Die Eingliederungshilfe für eine angemessene Schulbildung nach § 54 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 12 kann auch Hilfen erfassen, die eine pädagogische Qualifikation der helfenden Person erfordern, soweit die pädagogische Hilfe nicht zum Kernbereich des Aufgabenkreises der Schule gehört (vgl LSG Erfurt vom 7.2.2011 - L 8 SO 1063/10 und vom 30.9.2008 - L 8 SO 801/08 ER sowie LSG Chemnitz vom 3.6.2010 - L 7 SO 19/09 B ER = ZFSH/SGB 2010, 620).
2. Die Prüfung unverhältnismäßiger Kosten bei Ausübung des Wunschrechtes nach § 9 Abs 2 S 3 SGB 12 erfordert einen Vergleich mit den Kosten der ansonsten in Betracht kommenden Hilfen. Der Vergleichsraum ist nach sachgerechten Gesichtspunkten abzugrenzen, ohne dass es in der Regel losgelöst davon auf das gesamte Gebiet eines Bundeslandes ankommen kann (Spellbrink in jurisPK-SGB 12 § 9 RdNr 23).
Normenkette
SGB XII § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2 Sätze 1, 3, Abs. 3, § 10 Abs. 3, §§ 53, 2 Abs. 2; ThürSchulG § 53 Abs. 2 Sätze 1, 3; ThürSöFöV § 9; EinglVO § 12
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 6. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten der Beschwerde sind auch nicht zu erstatten.
Gründe
Die am Montag, 14. November 2011 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 6. Oktober 2011, ihr zugestellt am 12. Oktober 2011, mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 14. November 2011 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11. August 2011 die Kosten der Schulbegleitung für den Zeitraum vom 29. August 2011 bis 3. Februar 2012 mit Ausnahme der Ferienzeit in Höhe von monatlich weiteren 811,31 € zu übernehmen,
hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu dem in der Hauptsache anhängigen Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid des Antragsgegners vom 11. August 2011 liegen nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag bei Leistungsbegehren in der Regel durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Danach muss die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache - möglicherweise - zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund) -.
Ob der Antragstellerin ein höherer monatlicher Kostenübernahmeanspruch zusteht, lässt sich im einstweiligen Rechtsschutz nicht abschließend klären.
Steht zwischen den Beteiligten ausschließlich in Streit, in welcher Höhe die Kosten für eine Schulbegleitung zu übernehmen sind, weil das favorisierte Angebot des Beigeladenen die Kosten des von dem Antragsgegner zugrunde gelegten Angebots eines anderen Trägers um 811,31 € monatlich übersteigt, bedarf es keiner weiteren Ausführungen dazu, dass der Antragstellerin dem Grunde nach eine Schulbegleitung als Eingliederungshilfe gemäß §§ 19 Abs. 3, 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO auf Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung des § 60 SGB XII für den Besuch der Regelschule zusteht.
Zwischen den Beteiligten ist insoweit alleine streitig, ob der Antragsgegner bei der nach § 10 Abs. 3 SGB XII vorrangig zu gewährenden Geldleistung im Wege der Kostendeckung sich im Rahmen seines Auswahlermessens (hierzu: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Februar 2012 - L 7 SO 12467/10, juris RdNr. 35 m.w.N.) auf das Angebot des Maßnahmeträgers Ländliche Kerne e.V. (Verein) stützen darf oder im Rahmen einer Ermessensreduzierung auf Null auf die Kosten des Angebotes des Beigeladenen abzustellen hat.
Das kann in zweifacher Hinsicht fraglich sein, wenn einerseits das Angebot des Vereins die erforderliche Eingliederungshilfe nicht zu leisten vermag und ein günstigeres Angebot als das des Beigeladenen keine Berücksichtigung finden darf oder andererseits das in § 9 Abs. 2 SGB XII statuierte Wunschrecht des Leistungsberechtigten bzw. seines gesetzlichen Vertreters dem entgegensteht.
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin rügt, die von dem Verein vorgeschlagenen Bewerber verfügten nicht über die Qualifikation, die...