Verfahrensgang
SG Gotha (Aktenzeichen S 2 RA 229/03) |
Tenor
Der Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens wird als unzulässig abgelehnt.
Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird als unbegründet abgelehnt.
Tatbestand
I.
In der Hauptsache geht es darum, ob für den Antragsteller, der (nur) berechtigt ist, den Titel eines “Diplom-Chemikers” zu führen, Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (AAÜG) festzustellen sind.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat die maßgebliche Rechtsfrage bereits in dem Sinne geklärt, dass Diplom-Chemiker in der DDR nicht obligatorisch in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen waren (Urteil vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 18/01 R; im Übrigen gibt es eine gefestigte Rechtsprechung in demselben Sinne). Der Antragsteller verweist jedoch darauf, dass beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zwei Verfassungsbeschwerden anhängig seien. Aus Gründen der Prozessökonomie und der Vorgreiflichkeit bleibe zunächst abzuwarten, wie in diesen Verfahren entschieden werde. Um nicht einen weiteren Instanzenzug antreten zu müssen, sei es für das vorliegende Verfahren die beste Lösung, es zunächst ruhend zu stellen oder auszusetzen. Zur weiteren Begründung legt der Antragsteller zwei Beschlüsse des Sozialgerichts Altenburg und drei Beschlüsse anderer Sozialgerichte vor, in denen jeweils dem entsprechenden Begehren der Kläger stattgegeben wurde.
Der Antragsteller beantragt (vgl. Schriftsatz vom 11. Juni 2004),
das Ruhen des Verfahrens anzuordnen beziehungsweise dieses auszusetzen.
Die Antragsgegnerin hat dem Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt und im Übrigen keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Antragstellung lässt nicht erkennen, ob die Anträge auf Anordnung des Ruhens und auf Aussetzung gleichrangig nebeneinander oder in einem Stufenverhältnis zueinander stehen sollen. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, weil der Antragsteller in keinem Fall mit seinem Begehren obsiegen kann.
- Der Antrag auf Anordnung des Ruhens ist unzulässig. Er scheitert schon daran, dass die Antragsgegnerin dem Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt hat. Nach § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), der hier nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entsprechend anzuwenden ist, hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Ein einseitiger Antrag auf Anordnung des Ruhens ist gesetzlich nicht vorgesehen und damit von vornherein unstatthaft.
- Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ist zulässig, aber unbegründet. Nach § 114 Abs. 2 SGG kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung eines anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszusetzen sei, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand des anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist. Diese Vorschrift ist hier offensichtlich nicht unmittelbar anwendbar, weil es kein anderes Rechtsverhältnis gibt, das vorgreiflich abzuklären wäre. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf weitere Fallkonstellationen ist nach einhelliger Rechtsprechung der verschiedenen Gerichtsbarkeiten aber möglich. Die entsprechende Anwendung wird beispielsweise dann akzeptiert, wenn wegen der streiterheblichen Frage bereits eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig ist (vgl. BVerfGE 3, 58, 74; 54, 39; BSG in Breithaupt 92, 790; ebenso der erkennende Senat in Breithaupt 97, 298; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., Rdnr. 7b zu § 114). Es soll in diesen Fällen verhindert werden, dass das BVerfG mit einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle “überschwemmt” wird, ohne dass dies einer weiteren Klärung dient (BSG, a.a.O.).
Diese Rechtsprechung ist hier nicht einschlägig: Eine “Überschwemmung” des BVerfG ist nicht zu erwarten, weil – soweit ersichtlich – bisher überhaupt nur zwei Verfassungsbeschwerde-Verfahren bekannt sind bei bundesweit einigen tausend Verfahren mit ähnlicher Problematik (nach vorsichtiger Schätzung sind bei den vier Sozialgerichten des Freistaats Thüringen bisher etwa 1.000 Verfahren anhängig geworden; bundesweit dürften demnach entsprechend mehr Verfahren anhängig sein). Nach der den Präsidenten der Landessozialgerichte bekanntgegebenen Agenda des BVerfG vom 18. November 2003 gibt es derzeit kein Verfahren aus dem Bereich der technischen Intelligenz der ehemaligen DDR, das für eine Senatsentscheidung in Betracht kommt. Für die beiden vom Antragsteller benannten Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG dem erkennenden Senat im Rahmen eines anderen Rechtsstreits mitgeteilt, dass “ein Verfahrensabschluss n...