Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang und Höhe der Entschädigung für einen Verfahrensbeteiligten bei Anordnung dessen persönlichen Erscheinens
Orientierungssatz
1. Ist das persönliche Erscheinen eines Verfahrensbeteiligten im Gerichtstermin angeordnet, so ist ihm Entschädigung u. a. für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG und Verdienstausfall nach § 22 JVEG zu gewähren.
2. Der entschädigungspflichtige Zeitraum der Dauer der Heranziehung erfasst nicht nur die reine Anwesenheit bei Gericht, sondern auch die An- und Abreise. Aus betriebsorganisatorischen Gründen ausgefallene Arbeitszeit ist einzubeziehen. Der Verfahrensbeteiligte hat nachzuweisen, inwieweit eine Aufnahme der Arbeit aus betriebsorganisatorischen Gründen ausgeschlossen war.
Tenor
Die Entschädigung des Erinnerungsgegners für die Teilnahme am Erörterungstermin am 27. November 2017 wird auf 150,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Erinnerungsgegner war Berufungskläger im Verfahren L 10 AL 400/15. Mit Ladung vom 6. November 2017 wurde er durch den Berichterstatter des Verfahrens unter Anordnung des persönlichen Erscheinens zu einem Erörterungstermin am 27. November 2017 um 09:30 Uhr geladen. Der Erörterungstermin dauerte ausweislich der Niederschrift bis 09:59 Uhr.
Mit beim Landessozialgericht am 29. November 2017 eingegangenem Entschädigungsantrag beantragte der Erinnerungsgegner eine Entschädigung für das Erscheinen bei dem Erörterungstermin. Er beantragte Fahrtkosten i. H. v. 55,50 Euro (222 km Wegstrecke) und einen Verdienstausfall gemäß Bescheinigung seines Arbeitgebers für 8 Stunden i. H. v. 199,28 Euro. Weitere Kosten wurden nicht geltend gemacht.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bewilligte eine Entschädigung i. H. v. 239,25 Euro. Sie kürzte den Verdienstausfall auf 168,00 Euro. Zudem wurde eine Entschädigung wegen Zeitversäumnis für vier Stunden i. H. v. je Stunde 3,50 Euro gewährt.
Hiergegen hat die Erinnerungsführerin am 11. Mai 2018 Erinnerung eingelegt und beantragt, die Entschädigung des Erinnerungsgegners auf 150,00 Euro festzusetzen. Verdienstausfall könne nur für einen Zeitraum von 4,5 Stunden i. H. v. 21,00 Euro gewährt werden. Realistisch für die Wahrnehmung des Termins sei unter Einschluss der Reisezeit ein Zeitraum von 07:30 Uhr bis 12:00 Uhr. Neben einer Entschädigung für Verdienstausfall scheide eine Entschädigung für Zeitversäumnis aus. Für Parkentgelt i. H. v. 1,00 Euro sei kein Beleg vorgelegt worden. Unter Einschluss der Fahrtkosten von 55,50 Euro (222 km x 0,25 Euro) ergebe sich eine Entschädigung i. H. v. 150,00 Euro. Der Arbeitgeber habe gerade nicht bescheinigt, dass eine Arbeitsaufnahme nach dem Termin nicht mehr möglich gewesen sei. Hinsichtlich einer Verschiebung der Einsatzzeiten lägen zwei sich widersprechende Bescheinigungen vor.
Die Erinnerungsführerin beantragt,
die Entschädigung für die Teilnahme des Erinnerungsgegners am Erörterungstermin am 27. November 2017 auf 150,00 Euro festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner hat keinen Antrag gestellt.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung teilweise abgeholfen und die Entschädigung mit 224,50 Euro beziffert. Sofern eine Beschäftigung des Arbeitnehmers nach der Heranziehung nicht mehr möglich sei, sei Entschädigung für den gesamten Arbeitstag zu gewähren. Von der Entstehung der Parkgebühren werde ausgegangen. Eine Entschädigung wegen Zeitversäumnis sei hingegen nicht zu gewähren, da bereits der Verdienstausfall entschädigt werde.
Nach gewährter Akteneinsicht und trotz mehrfacher Aufforderung durch den Senat hat der Erinnerungsgegner weitere Nachweise durch seinen Arbeitgeber hinsichtlich der Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme nicht vorgelegt.
II.
Auf die Erinnerung hin war die Entschädigung auf 150,00 Euro festzusetzen.
Nach § 4 Abs. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Feststellung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (Satz 1).
Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 S. 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Entschädigung für sonstige Aufwendungen (§ 8 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).
Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ...