Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Vergütung eines ärztlichen Befundberichtes
Orientierungssatz
1. Ein vom Sozialgericht angeforderter ärztlicher Befundbericht ist nach § 19 JVEG i. V. m. § 10 Abs. 1 JVEG zu honorieren.
2. Der behandelnde Arzt des Klägers soll dabei über Tatsachen berichten, die er aufgrund seiner besonderen Sachkunde ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauftrag wahrgenommen hat. Dies ist nicht durch die Wiedergabe gespeicherter Aufzeichnungen möglich. Erfolgt keine dezidierte Auseinandersetzung mit den konkret vorgegebenen Fragestellungen durch den behandelnden Arzt, so ist dessen schriftliche Äußerung dem Gericht gegenüber nicht nach § 10 JVEG zu vergüten.
3. Im Erinnerungsverfahren nach § 4 Abs. 1 JVEG sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen werden. Dabei besteht keinerlei Bindung der Vergütung an deren Festsetzung durch den Urkundsbeamten. Das Verschlechterungsverbot gilt bei der erstmaligen richterlichen Festsetzung nicht.
Tenor
Die Entschädigung für den Befundbericht vom 28. September 2016 wird auf 5,95 Euro festgesetzt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter des 1. Senats.
Auf die nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für den Befundbericht vom 28. September 2016 auf 5,95 Euro festgesetzt.
Für einen sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelungen in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er entsprechende Leistungen erbringt. Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Ausstellung eines Befundscheins wie folgt entschädigt:
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Nr. 200 ohne nähere gutachtliche Äußerung |
21,00 Euro |
Nr. 201 Die Leistung der in Nr. 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: Das Honorar 200 beträgt |
bis zu 44,00 Euro. |
Hier ist der Bericht vom 28. September 2016 weder nach Nr. 200 noch nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG zu honorieren. Es liegt schon kein Befundbericht im diesem Sinne vor.
Was ein Befundbericht (oder Befundschein nach dem JVEG) ist, ergibt sich mangels gesetzlicher Definition aus der gezielten Anforderung an den Adressaten (ggf. ausgelegt nach § 133 BGB) sowie dem Gegenstand der Anforderung. Nicht relevant ist, was der behandelnde Arzt aus der Anforderung macht. Üblicherweise handelt es sich bei dem Befundbericht um ein Formblatt mit standardisierten Fragen zu der erhobenen Anamnese, den Befunden, ihre epikritische Bewertung und Stellungnahme zur Therapie anhand der vorliegenden Behandlungsunterlagen. Der behandelnde Arzt soll über Tatsachen berichten, die er aufgrund seiner besonderen Fachkunde als sachverständiger Zeuge (§ 414 der Zivilprozessordnung ≪ZPO≫) festgestellt hat. So sollte auch der Erinnerungsführer als behandelnder Arzt über vergangene Tatsachen und Zustände, die er kraft besonderer Sachkunde ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauftrag wahrgenommen hatte, berichten (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 25/90 - nach juris; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. November 2005 - L 6 SF 738/05 - nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2017, § 118 Rn. 10c). Das ist aber nicht durch eine Wiedergabe von gespeicherten Aufzeichnungen möglich, denn neben der Mitteilung von Tatsachen zieht der sachverständige Zeuge auch Schlussfolgerungen (BSG, Urt. v. 26.11.1991 - 9a RV 25/90; Keller, jurisPR-SozR 30/2005 Anm. 6). Vorliegend hat der Erinnerungsführer auf dem zugesandten zweiseitigen Fragenkatalog lediglich fünf der zehn gestellten Fragen - knapp - beantwortet und bezüglich der Fragen nach geäußerten Beschwerden, der Befunderhebung, der Diagnosestellung, durchgeführter klinischer Behandlungen oder Untersuchungen und schließlich hinsichtlich Veränderungen im Gesundheitszustand auf den beigefügten Bericht verwiesen. Dieser Bericht umfasst mit Therapieplan sieben Seiten und stellt letztlich einen Ausdruck der Patientenakte dar. Eine dezidierte Auseinandersetzung mit den konkret vorgegebenen Fragestellungen erfolgt nicht. Zwar können dem beigefügtem Bericht im Ergebnis auf alle durch das Gericht gestellten Fragen entsprechende Antworten entnommen werden, doch erfordert dies eine eigene Herausarbeitung durch den Richter. Eine klare und den jeweiligen Fragestellungen konkret zugeordnete Beantwortung erfolgte nicht. Es bleibt dem Richter überlassen, die jeweiligen Antworten aus dem Gesamtbericht herauszusuchen und den gestellten Fragen zuzuordnen sowie dabei Unwesentliches und Nichterfragtes zu trennen. Dies zu vermeiden, ist gerade Aufgabe eines Befundberichtes mit dem der Ersteller als sachverständiger Zeuge kon...