Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Beschwerde gegen Vergütungsfestsetzung. Versäumung der Beschwerdefrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung. keine entsprechende Anwendung von § 66 Abs 2 SGG im Kostenrecht. fehlendes Verschulden. Ursächlichkeit. anwaltlich vertretener Beteiligter
Orientierungssatz
1. Entgegen der Rechtsprechung des früher zuständigen 6. Senats des Landessozialgerichts Erfurt (vgl LSG Erfurt vom 23.2.2015 - L 6 SF 1460/14 B) ist im Kostenrecht § 66 Abs 2 SGG nicht entsprechend anzuwenden. Die §§ 56 Abs 2 iVm 33 Abs 5 RVG enthalten eine vorrangige spezielle Regelung für den Fall der Versäumung der Beschwerdefrist (vgl LSG Erfurt vom 7.5.2019 - L 1 SF 661/17 B).
2. Ein fehlendes Verschulden scheidet nicht deswegen aus, weil nach § 33 Abs 5 S 2 RVG ein solches vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft ist. Voraussetzung dafür ist, dass die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung überhaupt für die Fristversäumnis ursächlich geworden ist. An einer solchen Ursächlichkeit mangelt es in denjenigen Fällen, in denen der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf. Dies ist bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten regelmäßig der Fall (vgl BGH vom 27.2.2013 - XII ZB 6/13 = NJW 2013, 1308).
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 12. Januar 2017 (S 24 SF 473/15 E) wird als unzulässig verworfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist wird abgelehnt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung für das beim Sozialgericht Nordhausen anhängig gewesene Verfahren S 24 AS 3369/11 in dem der Beschwerdeführer den Kläger zu 1., 3. und 4. und die Klägerinnen zu 2. und 5. vertrat.
Mit der am 11. April 2011 erhobenen Klage (S 13 AS 3369/11) hatten sich die Kläger, vertreten durch den Beschwerdeführer, gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2010 (vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis 31. Januar 2011), abgeändert durch Bescheid vom 3. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 (W 6287/10), gewandt und beantragt, ihnen für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Mai 2011 höhere Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Die rechtswidrige Missachtung der Rundungsregelung habe die Beklagte im Widerspruchsbescheid korrigiert. Da dem Widerspruch durch den Änderungsbescheid vom 3. Februar 2011 zumindest teilweise abgeholfen worden sei, sei die Beklagte auch verpflichtet, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten sei notwendig gewesen. Am 29. April 2011 beantragte der Beschwerdeführer klageerweiternd die Kostenentscheidungen der Widerspruchsbescheide vom 31. März 2011 (W 1795/11 und 1794/11) hinsichtlich der Aufhebungsentscheidungen zu Gunsten der Kläger abzuändern und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für notwendig zu erachten. Am 7. Juli 2011 beantragte er klageerweiternd, die Kostenentscheidungen der Widerspruchsbescheide vom 6. Juni 2011 (W 2596/11, W 2597/11 und W 2598/11) hinsichtlich der Aufhebungsentscheidungen vom 18. März 2011 und des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 ebenfalls zu Gunsten der Kläger abzuändern. Danach erfolgte noch weiterer Schriftverkehr. Mit Beschluss vom 5. Oktober 2012 bewilligte das Sozialgericht (SG) den Klägern ab dem 11. April 2011 Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung des Beschwerdeführers.
Mit der am 29. April 2011 beim SG eingegangenen Klage (S 13 AS 3819/11) wandten sich die Kläger (ohne die Klägerin zu 2.) gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 3. Februar 2011, mit dem die Bewilligung von Leistungen (Bescheide vom 3. Mai 2010 ≪Bewilligung von Leistungen vom 1. Juni bis 30. November 2011 ≪Klageverfahren S 13 AS 6447/10≫ und 22. Oktober 2010) für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2010 für den Kläger zu 1. und seine Kinder nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen der Erzielung von Einkommens teilweise aufgehoben und eine Erstattungsforderung in Höhe von 129,99 € durch die Beklagte geltend gemacht wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2011 (W 1795/11) hatte die Beklagte den Widerspruch der Kläger als unzulässig verworfen. Der angefochtene Bescheid sei für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. November 2010 Gegenstand des Klageverfahrens S 13 AS 6447/10 geworden. Was den Zeitraum Dezember 2010 angehe, sei er Gegenstand des Widerspruchsverfahrens W 6287/10 (Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 3. Februar 2011) geworden. Der Beschwerdeführer machte gel...