Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Rechtsanwaltsgebühren im sozialgerichtlichen Verfahren; Vorliegen derselben Angelegenheit bei mehreren Klageverfahren; Ermittlung der angemessenen Verfahrens- und Termingebühr für den Rechtsanwalt in einem sozialgerichtliches Klageverfahren
Orientierungssatz
1. Auch wenn für mehrere von einem Kläger geführte sozialgerichtliche Verfahren jeweils gesondert Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, können diese Verfahren auch später noch bei der Vergütungsfestsetzung als dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne behandelt und zur Vergütungsfestsetzung zusammengefasst werden.
2. Bei der Ermittlung der angemessenen anwaltlichen Verfahrensgebühr in Form einer Betragsrahmengebühr für ein sozialgerichtliches Verfahren ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste. Hat der Anwalt jeweils nur knappe Schriftsätze gefertigt, die große inhaltliche Parallelen zu weiteren Klageverfahren aufwiesen, ist die Festsetzung einer Verfahrensgebühr unterhalb des Mittelwertes angemessen.
3. Die Teilnahme an einem Termin zur mündlichen Verhandlung von mehr als 60 Minuten rechtfertigt die Zuerkennung einer (leicht) überdurchschnittlichen Termingebühr für den Rechtsanwalt.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 27. Februar 2017 (S 26 SF 179/14 E) aufgehoben.
Die Vergütung des Beschwerdeführers für das Klageverfahren S 33 AS 5494/11 wird auf 987,50 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für die beim Sozialgericht (SG) Nordhausen anhängig gewesenen Verfahren (S 33 AS 5494/11, S 33 AS 1415/12 und S 33 AS 1424/12) der vom Beschwerdeführer vertretenen Klägerin und des Klägers.
Gegenstand der am 20. Juli 2011 erhobenen Klage (S 33 AS 5494/11) waren die Verletzung des Rechts auf Gewährung von Akteneinsicht, die Höhe der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid. Die Klägerin und der Kläger wandten sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2011 (vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2011 in Höhe von 415,90 €), in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. Juni 2011 (Bewilligung der Leistungen in Höhe von 427,90 € monatlich), in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2011 und begehrten die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe. Ohne vorab über den Antrag auf Übersendung der Leistungsakten zu entscheiden, habe die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Durch die Verweigerung der Akteneinsicht habe bisher nicht hinreichend geprüft werden können, ob die angegriffene Entscheidung rechtmäßig erfolgt sei oder nicht. Insbesondere werde die Einkommensanrechnung als fehlerhaft erachtet. Die Beklagte rechne bei dem Kläger in den Monaten Mai und Juni 363,39 € an, gezahlt werde lediglich eine Rente in Höhe von 362,18 €. Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2012 teilte der Beschwerdeführer mit, die Beklagte habe zwischenzeitlich am 10. Januar 2012 jeweils für die Klägerin und den Kläger Festsetzungs- und Erstattungsbescheide erlassen. Diese seien rechtswidrig, weil ein monatliches Durchschnittseinkommen zur Anrechnung gebracht worden sei.
Mit der am 12. April 2012 (S 33 AS 1415/12) erhobenen Klage wandte sich die Klägerin, vertreten durch den Beschwerdeführer, gegen den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2012 (Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs in Höhe von 311,22 € für den Zeitraum Mai bis Oktober 2011) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2012. Die angegriffene Entscheidung sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Es könnten nur Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zurückgefordert werden. Die Klägerin bilde mit ihrem Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft. Die Beklagte habe zu Unrecht ein Durchschnittseinkommen des Ehemannes in den Monaten April 2011 bis September 2011 gebildet. Bei der endgültigen Festsetzung sei insbesondere von den tatsächlichen Einkommensbeträgen auszugehen. In den Monaten Juli und August 2011 sei dem Ehemann der Klägerin kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit zugeflossen. Vor diesem Hintergrund sei die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 € vom Einkommen des Ehemannes abzuziehen. Zudem sei die Hinzuziehung des Beschwerdeführers im Widerspruchsverfahren notwendig gewesen.
Mit der ebenfalls am 12. April 2012 erhobenen Klage (S 33 AS 1424/12) wandte sich der Kläger, vertreten durch die Beschwerdeführer, gegen den Erstattungsbescheid vom 10. Januar 2012 (Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs in Höhe von 311,19 € für den Zeitraum Mai bis Oktober 2011) in ...