Verfahrensgang

KreisG Erfurt (Urteil vom 17.06.1993; Aktenzeichen So-2/Ar-127/93)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Kreisgerichts Erfurt vom 17. Juni 1993 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben für das gesamte Verfahren einander keine Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1939 geborene Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld ab dem 3. Oktober 1992 und höhere Arbeitslosenhilfeleistungen ab dem 26. Mai 1994.

Von 1960 bis zum 30.6.1991 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis. Laut Arbeitsbescheinigung vom 6.5.1991 waren bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis die Monate April bis Juni 1991 abgerechnet. Bei einer wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden betrug das Bruttomonatsgehalt 1.580,00 DM. Es fielen für die drei Monate 520 Arbeitsstunden an.

Auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 1991 ist die Lohnsteuerklasse I und kein Kinderfreibetrag eingetragen. Diese Daten haben sich von 1991 bis heute nicht verändert.

Am 21. Mai 1991 hatte sich die Klägerin bereits arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld zum 1. Juli 1991 beantragt. Die Beklagte bewilligte ihr mit Bescheid vom 24. Juni 1991 Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 360,00 DM, der Nettolohnersatzquote von 63 % und Leistungsgruppe A in Höhe von 167,40 DM ab dem 1. Juli 1991.

Mit Bescheid vom 8. Januar 1992 paßte die Beklagte das Bemessungsentgelt zum 31. Dezember 1991 auf 440,00 DM (wöchentlicher Leistungssatz 198,60 DM) an. In der Zeit vom 6. Januar 1992 bis 2. Oktober 1992 bezog die Klägerin Unterhaltsgeld.

Mit Urteil vom 2. April 1992 stellte das Kreisgericht Erfurt- Kammern für Arbeitsrecht – fest, daß der Klägerin für die Zeit ab 13. September 1990 ein höheres Bruttogehalt zugestanden habe.

Am 10. September 1992 meldete die Klägerin sich erneut zum 3. Oktober 1992 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Mit Schreiben vom 23. September 1992 bat sie um Neuberechnung ihres Arbeitslosengeldes auf der Grundlage der dem Schreiben beigefügten Arbeitsbescheinigung vom 20. August 1992, welche ein monatliches Bruttoentgelt für die Zeit von April bis Juni 1991 von 1904,00 DM ausweist.

Die Beklagte teilte ihr daraufhin unter dem 2. November 1992 mit, daß eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes nicht möglich sei.

Mit Bescheid vom 3. November 1992 bewilligte sie Arbeitslosengeld ab dem 3. Oktober 1992 nach einem Bemessungsentgelt von 500,00 DM in Höhe von 219,60 DM wöchentlich.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Dezember 1992 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 1993 als unbegründet zurückwies; der Berechnung des Arbeitslosengeldes sei nur dasjenige Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, welches bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses abgerechnet worden sei, nicht dasjenige auf welches allein ein arbeitsrechtlicher Anspruch bestanden habe.

Dagegen legte die Klägerin – deren Bemessungsentgelt zwischenzeitlich von der Beklagten mit Bescheid vom 19. Januar 1993 auf 570,00 DM (Leistungssatz 246,60 DM) zum 1. Januar 1993 angepaßt wurde – am 18. Februar 1993 Klage ein, die sie damit begründete, daß auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes spätere Korrekturen von Fehlern in den Abrechnungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen seien.

Am 17. Juni 1993 wurde die Beklagte durch das Kreisgericht Erfurt verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 3. Oktober 1992 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 440,00 DM (zum Dynamisierungsstichtag 30. Juni 1991) zu zahlen. Aus der gesetzlichen Vorschrift des § 112 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) folge nur die zeitliche Eingrenzung, welche Monate bzw. Lohnabrechnungszeiträume vor Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis herangezogen werden sollten. Dies seien eben nur solche Monate, die bereits abgerechnet waren. Für den Entgeltfaktor wirke sich dies aber nicht aus; auch nachträglich abgerechnetes Entgelt könne berücksichtigt werden, wenn es im fraglichen Zeitraum erarbeitet wurde.

Gegen das am 2. September 1993 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. Oktober 1993, einem Montag, Berufung eingelegt. Nur das im Bemessungszeitraum erzielte und abgerechnete Arbeitsentgelt könne der Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde gelegt werden. Mit § 112 Abs. 2 und 3 AFG verfolge der Gesetzgeber das Ziel, das Arbeitslosengeld an einem zeitnahen Lohnniveau auszurichten und außerdem eine rasche und endgültige Bestimmung des Bemessungsentgeltes zu ermöglichen. Gleichzeitig sollten Manipulationsversuche unterbunden werden. Auch in den neuen Bundesländern gelte nichts anderes. Hier habe der Gesetzgeber durch häufigere und höhere Anpassungen des Bemessungsentgeltes den besonderen strukturellen Umständen Rechnung getragen.

Zwischenzeitlich hat die Beklagte das Bemessungsentgelt der Klägerin wie folgt angepaßt: Mit Bescheid vom 7. Juli 1993 auf 620,00 DM (Leistungssatz 264,00 DM) zum 30. Juni 1993, ...

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