Verfahrensgang
SG Suhl (Urteil vom 27.01.1998; Aktenzeichen S 7 U 905/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Sozialgerichts Suhl vom27. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger wegen drei Sport- beziehungsweise Schulunfällen 1962, 1964 und 1965 in der ehemaligen DDR einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
Der 1948 geborene Kläger erlitt nach eigenen Angaben drei Unfälle:
1962 besuchte er die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule in O., stürzte bei einem von der Betriebssportgemeinschaft (BSG) „Motor” O., durchgeführten Sprunglauf auf der Jugendschanze O. und zog sich Verletzungen an Kopf, Wirbelsäule und Armen zu.
Am 2. Dezember 1964 stürzte er als Schüler der KJS (Kinder- und Jugendsportschule) Z. beim Trainingsspringen auf der Jugendschanze in O. und verletzte sich am linken Schlüsselbein, Kopf und Halswirbelsäule.
Am 2. April 1965 stürzte er als Schüler der KJS Z. beim Trainingsspringen von der Erzgebirgschanze J. und brach das linke Schlüsselbein.
Zu DDR-Zeiten stellte er keinen Antrag auf eine Unfallrente oder Schadensersatz.
Die Anträge des Klägers vom November 1993 lehnte die Beklagte mit drei Bescheiden vom 10. Juni 1996 ab und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 1996 mit der Begründung zurück, die Unfälle hätten nicht unter Versicherungsschutz bestanden.
Mit Urteil vom 27. Januar 1998 hat das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 26. August 1996 nach § 136 Abs. 2 (richtig: Absatz 3) des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) abgewiesen.
Mit seiner Berufung hat der Kläger vorgetragen, für die Unfälle 1962, 1964 und 1965 habe Versicherungsschutz für Schüler beim Schulsport oder schulsportlichen Veranstaltungen bestanden. Dies ergebe sich aus § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b der Reichsversicherungsordnung (RVO) und dem Einigungsvertrag.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Suhl vom 27. Januar 1998 und die Bescheide der Beklagten vom 10. Juni 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund der Unfälle vom 25. März 1962, 2. Dezember 1964 und 2. April 1965 Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE von mindestens 20 v. H. ab 1. November 1993 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Unfälle hätten nicht unter Versicherungsschutz gestanden, unabhängig davon, ob sie durch eine Betriebssportgemeinschaft oder die Schule organisiert gewesen seien.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozeß- und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft, da sie wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§§ 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, weil nach dem damals im Beitrittsgebiet geltenden Recht sowohl ein Schülerunfall als auch Unfälle bei organisierten sportlichen Tätigkeiten 1962, 1964 und 1965 keine Arbeitsunfälle waren.
Unfälle, die – wie die Verletzungen des Klägers – schon vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle der Sozialversicherung waren, gelten nach § 215 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) i.V.m. § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO als Arbeitsunfälle im Sinne des dritten Buches der RVO.
Nach dem zum Zeitpunkt der Unfälle geltenden Recht der ehemaligen DDR waren die Unfälle des Klägers keine Arbeitsunfälle und diesen auch nicht gleichgestellt. Unerheblich ist, daß Schülerunfälle nach dem Recht der RVO eigentlich entschädigungspflichtig wären (§ 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO), denn § 1150 Abs. 2 RVO trifft insoweit eine Sonderregelung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind (vgl. Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 4. Oktober 1996, Az.: L 2 U 338/95 und 28. Januar 1998, Az.: L 1 U 206/97).
Ein Arbeitsunfall war nach § 23 Abs. 1 der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 10. September 1962 (GBl. II Nr. 71 S. 625; im folgenden: 1. DB z SVO) ein plötzliches, von außen einwirkendes, schädigendes Ereignis, das mit der Betriebstätigkeit in ursächlichem Zusammenhang stand und eine Körperschädigung oder den Tod eines Werktätigen zur Folge hatte. Nach Absatz 4 waren dem Arbeitsunfall Unfälle gleichgestellt, die in der Anlage zur Verordnung vom 15. März 1962 über die Erweiterung des Versicherungsschutze...