Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 17. August 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten, mit denen der Beklagte die Aufrechnung von Leistungen nach endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs und Erstattung von Leistungen nach endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs erklärt hat.
Die Kläger sowie ihre Eltern - S und B - standen unter anderem im Zeitraum 1. Mai 2018 bis 31. Oktober 2018 im Leistungsbezug beim Beklagten. Mit Bescheiden vom 28. März 2018, 26. Juli 2018, 4. September 2018, 20. September 2018 und 21. November 2018 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 8. Januar 2019 (Blatt 706 der Verwaltungsakte) setzte der Beklagte den Leistungsanspruch für den vorstehend genannten Zeitraum endgültig fest. Mit Bescheid vom 9. Januar 2019 (Blatt 727 der Verwaltungsakte) verlangte der Beklagte die Erstattung von Leistungen nach endgültiger Festsetzung in Höhe von 273,21 € je Kläger und verfügte die Aufrechnung mit monatlichen Raten in Höhe von 24,50 € je Kläger ab Februar 2019.
Am 11. Februar 2019 legten die Kläger sowie ihre Eltern gegen den Bescheid über die endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs und den Bescheid über die Erstattung von Leistungen nach endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs Widerspruch ein (Blatt 772 der Verwaltungsakte). Der Widerspruch wurde auch nach gewährter Akteneinsicht nicht begründet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2019 (Blatt 875 der Verwaltungsakte) wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 7. Juni 2019 haben die Kläger Klage erhoben. Diese haben sie im Wesentlichen damit begründet, dass die Aufrechnung fehlerhaft sei, weil von einem Ermessensnichtgebrauch, mindestens jedoch von einem Ermessensfehlgebrauch auszugehen sei.
Mit Urteil vom 17. August 2020 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 9. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2019 aufgehoben, soweit eine Aufrechnung mit der Erstattungsforderung aus diesem Bescheid verfügt worden ist. Die Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 9. Januar 2019 habe im Hinblick auf die im selben Bescheid verfügte Aufrechnung zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht bestandskräftig sein können. Selbst wenn man die Bestandskraft der Erstattungsforderung nicht verlangen würde, erfordere die Aufrechnung mit dieser Forderung aber deren Wirksamkeit. Wirksam werde der Erstattungsbescheid aber erst mit der Bekanntgabe gegenüber dem Empfänger. Die Bekanntgabe setze in jedem Fall den Zugang beim Adressaten voraus. Nach§ 37 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) habe die Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 9. Januar 2019 gegenüber den Klägern frühestens mit Ablauf des 12. Januar 2019 wirksam werden können. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung durch den Beklagten im Bescheid vom 9. Januar 2019 noch keine Berechtigung vorgelegen habe, die Erstattungsforderung zu fordern, weil diese noch keine Wirksamkeit entfaltet habe. Die Forderung sei zum Zeitpunkt der Erklärung des Beklagten schlichtweg noch nicht in der Welt gewesen, weil sie gegenüber dem Bescheidadressaten noch nicht bekannt gegeben gewesen sei. Bezüglich der Aufrechnungserklärung des Beklagten sei zwischen der Vornahme der Erklärung als Abgabe und dem Zugang beim Adressaten zu unterscheiden. Die Aufrechnungslage müsse bereits bei Abgabe der Aufrechnungserklärung bestehen. Diese Voraussetzung habe zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung nicht vorgelegen, denn bei Abgabe der Aufrechnungserklärung im Rahmen des Verwaltungsaktes habe die Erstattungsforderung, die im selben Bescheid geltend gemacht worden sei, mangels Bekanntgabe gegenüber dem Adressaten noch nicht wirksam sein können.
Am 29. September 2020 hat der Beklagte gegen das Urteil des Sozialgerichts Berufung eingelegt. Soweit das Sozialgericht der Auffassung sei, dass eine Aufrechnungserklärung in Form eines Verwaltungsaktes erst nach Wirksamkeit der Erstattungsforderung möglich sei, würden in der Kommentarliteratur auch andere Auffassungen vertreten. Es sei möglich, Erstattungsverfügung und Aufrechnungsverfügung in einem Bescheid zu verbinden. Es sei darauf hinzuweisen, dass§ 43 Abs. 4 Satz 2 SGB II ein Ende der möglichen Aufrechnung unter Bezugnahme auf die Bestandskraft der vorhergehenden Erstattungsverfügung normiere. Hinsichtlich der Ausgangsverfügung zur Aufrechnung sei lediglich geregelt, dass diese durch Verwaltungsakt zu erklären sei. Auf die Bestandskraft der Erstattungsverfügung komme es nicht an. Lediglich im Hinblick auf die Durchsetzung der Aufrechnungsverfügung mittels Realakt sei die Bestandskraft der Erstattungsverfügung von Bedeutung.§ 43 SGB II sei zur Ve...