Verfahrensgang

SG Altenburg (Urteil vom 06.09.2000; Aktenzeichen S 5 SF 1928/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 6. September 2000 insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, als der Beklagte zur Zahlung von Zinsen auf die Hauptforderung ab dem 1. Mai 1999 verurteilt wurde. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) in Höhe von 578.144,47 Euro (1.130.752,30 DM dividiert durch den Umrechnungsfaktor 1,95583) nebst Zinsen in Höhe von vier vom Hundert seit dem 1. Mai 1999.

Die Klägerin als anerkannte Werkstätte für Behinderte, ist als gemeinnützige GmbH 1991 entstanden. Ausweislich ihrer Öffentlichkeitsarbeit ist sie aus diakonischen Einrichtungen, staatlichen Gesundheitseinrichtungen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und einer Lebenshilfekreisvereinigung entstanden. Sie unterhält mehrere Werkstätten.

Für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1998 hat die Klägerin für die in den Werkstätten … und … beschäftigten Behinderten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.117.152,95 DM sowie Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 512.518,54 DM gezahlt. Erstattet wurden davon im Kostenansatz 498.919,19 DM. Den Differenzbetrag in Höhe von 1.130.752,30 DM meldete die Klägerin im März 1999 bei der Beklagten zur Erstattung an (Schreiben vom 10. März 1999). Diese Zahlen sind zwischen den Beteiligten unstreitig (Sitzungsniederschrift vom 28. März 2001)

Nachdem sich der Beklagte weigerte, die von der Klägerin geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, hat diese am 7. Oktober 1999 vor dem Sozialgericht Altenburg Klage erhoben und ausgeführt, dass ein gesetzlicher Anspruch auf Erstattung restlicher Sozialversicherungsbeiträge bestehe. Diese seien nicht von den Pflegesätzen umfasst.

Das Sozialgericht Altenburg hat den Beklagten mit Urteil vom 6. September 2000 verurteilt, an die Klägerin 1.130.752,30 DM nebst Zinsen in Höhe von vier vom Hundert ab dem 1. Mai 1999 zu zahlen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin gezahlte Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten [§ 251 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), § 179 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 59 Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI)]. Der Beklagte könne gegen die Forderung der Klägerin nicht einwenden, dass diese bereits erfüllt sei. In den prospektiv vereinbarten Pflegesätzen seien Sozialversicherungsbeiträge nicht enthalten.

Gegen die Entscheidung des Sozialgerichts trägt der Beklagte mit der Berufung vor, dass ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestünden. Für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 seien die Sozialversicherungsbeiträge Bestandteil der vereinbarten Pflegesätze gewesen. Als Bestandteil der jährlich neu zu verhandelnden Pflegesätze seien immer auch die streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge behandelt worden. Der Antrag vom 21. April 1995, welcher Bestandteil der Pflegesatzvereinbarung und damit Inhalt des berechneten Pflegesatzes gewesen sei, habe die Sozialversicherungsbeiträge enthalten. Im Weiteren sei der Antrag auf Anfrage entsprechend dem tatsächlichen Ist korrigiert worden (Fax vom 28. April 1995). Auch der Prüfbericht vom 2. Mai 1995 durch das Landessozialamt weise auf Blatt 5 sowie auf Blatt 8 die im Pflegesatz berücksichtigten Sozialversicherungsbeiträge aus. In den Änderungen zum vorläufigen Bericht des prospektiven Tageskostensatzes ab dem 1. April 1995 (vom 30. Mai 1995) sei unter Rubrik „SV-Behinderte” nochmals ausführlich auf die Vereinbarung diesbezüglich und eventuell vorzunehmender Korrekturen hingewiesen worden. Für die Beteiligten sei daher eine Vereinbarung inklusive der Sozialversicherungsbeiträge für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum wirksam zustande gekommen. Dabei komme es nicht darauf an, ob ein Verlust auf Seiten der Klägerin eingetreten sei. Ein Gewinn- bzw. Verlustausgleich finde durch die Vereinbarung der prospektiv vereinbarten Entgelte gerade nicht statt. Die Vereinbarung von Pflegesätzen stelle für beide Vertragsparteien ein gleich hohes/gleich niedriges Risiko dar und falle unter den Begriff des disponiblen Rechts. Es sei umgekehrt auch für den Freistaat nicht möglich, die Gelder von der Klägerin zurückzufordern, welche möglicherweise innerhalb des vereinbarten Pflegesatzes zu hoch kalkuliert worden seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 6. September 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass ein Anspruch auf Erstattung der Sozialversicherungsbe...

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