Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren auf dem Boden einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstruktur als weitere Folge eines Arbeitsunfalls (Wegeunfalls).
Normenkette
SGB VII § 8; SGG § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1, 3
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 6. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob weitere Folgen eines als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses vom 26. August 2013 festzustellen sind und ob der Kläger Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld und Heilbehandlung über den 20. Februar 2014 hinaus hat.
Der 1958 geborene Kläger erlitt am 26. August 2013 auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Distorsion der Halswirbelsäule. Der Röntgenbefund ergab keine Hinweise für eine Fraktur oder Einblutung. Neurologische Ausfälle wurden nicht diagnostiziert. Wegen anhaltender Beschwerden suchte der Kläger weiterhin den Durchgangsarzt auf. Eine neurologische Untersuchung im medizinischen Versorgungszentrum Bad S. am 17. September 2013 ergab keine Hinweise auf eine Nervenläsion. Eine Läsion des nervus medianus und nervus ulnaris wurde vielmehr ausgeschlossen. Im Rahmen einer MRT-Untersuchung der Halswirbelsäule wurden multiple Bandscheibenprotrusionen in mehreren Höhen festgestellt. Eine weitere neurologische Untersuchung im medizinischen Versorgungszentrum Bad S. am 22. Oktober 2013 ergab ebenfalls einen unauffälligen neurophysiologischen Befund. Aus neurologischer Sicht war die vom Kläger geklagte Beschwerdesymptomatik nicht zu erklären. Eine Läsion des nervus medianus und des nervus ulnaris wurde erneut ausgeschlossen. Eine neurochirurgische Untersuchung in der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik F. … am 14. Januar 2014 bestätigte das Vorliegen eines degenerativen HWS Syndroms mit ostediscogener Foramensteose (= Einengung der Nervenaustrittskanäle). Dies rechtfertige eine klinische C6-Symptomatik. Die geklagten Beschwerden seien als unfallbedingt im Sinne einer Erstmanifestation bei anlagebedingten degenerativen Leiden zu sehen.
Daraufhin erkannte die Beklage mit Bescheid vom 17. Februar 2014 das Ereignis vom 26. August 2013 sinngemäß als Arbeitsunfall mit der Folge einer Zerrung der Halswirbelsäule und einer Prellung des linken Arms an. Die im MRT der Halswirbelsäule am 22. Oktober 2013 festgestellten multisegmentalen anlagebedingten Veränderungen im Bereich der Segmente C5/C6 mit Engstellen der Zwischenwirbellöcher C5/C6 und C6/C7 sowie einer dadurch bedingten Nervenirritation seien nicht unfallbedingt. Auch die Beschwerden im Arm seien nicht auf den Unfall zurückzuführen. Unfallbedingte Behandlungsbedürftig- und Arbeitsunfähigkeit habe daher nur bis zur Kenntnis des MRT-Befundes am 22. Oktober 2013 vorgelegen. Die Zahlung des Verletztengeldes werde mit Ablauf des 20. Februar 2014 eingestellt. Ein Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2014 zurückgewiesen. Weder bei der neurologischen, noch bei bildgebenden Untersuchungen hätten traumatische Verletzungszeichen nachgewiesen werden können. Hingegen seien degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule festgestellt worden, welche bereits zum Unfallzeitpunkt ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hätten.
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Gotha Klage erhoben. Das Sozialgericht hat den Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie Dr. G. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 21. Oktober 2015 aus, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden vereinbar seien mit einem linksseitigen Wurzelkompressionssyndrom der Halswirbelsäule. Aufgrund der unterschiedlichen Untersuchungsbefunde könne das Kompressionssyndrom nicht eindeutig einem bestimmten Segment zugeordnet werden. Folge des Unfallereignisses vom 26. August 2013 sei ausschließlich eine damals diagnostizierte HWS-Distorsion gewesen. Aktuelle Folgen seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr feststellbar. Ein Zusammenhang zwischen den verschleißbedingten Veränderungen der Halswirbelsäule und dem Unfallereignis lasse sich nicht herstellen. Die im MRT beschriebenen Veränderungen der Wirbelkörper und des Bandscheibengewebes hätten bereits vor dem Unfall vorgelegen. Frische Veränderungen an den Wirbelkörpern ließen sich hingegen ausschließen. Eine Arbeitsunfähigkeit lasse sich allenfalls bis zum 22. Oktober 2013 rechtfertigen. Eine psychiatrische Zusatzbegutachtung sei erforderlich.
Daraufhin hat das Sozialgericht den Psychiater Dr. S. mit der Erstellung eines weiteren Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser verneint in seinem Gutachten vom 31. März 2016 das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Beim Kläger liege eine anhaltende so...