Verfahrensgang

SG Altenburg (Urteil vom 18.10.1994; Aktenzeichen S-6/Kn-65/94)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.04.1997; Aktenzeichen 8 RKnU 1/96)

 

Tenor

1.Auf die Berufung des Klägers werden dasUrteil des Sozialgerichts Altenburg vom18. Oktober 1994 und der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 1994 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Unfallrente wegen einer Berufskrankheit BK 70 nach einem Grad des Körperschadens von 20 ab dem 1. Januar 1992 zu gewähren.

2.Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3.Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger eine Unfallrente auf Grund einer Berufskrankheit Nr. 70 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) der DDR (Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule durch langjährige mechanische Überbelastungen) zusteht.

Der 1958 geborene Kläger war fast 16 Jahre lang als Hauer bei der Wismut-AG beschäftigt, und zwar von September 1974 bis Juli 1976 als Lehrling, von 1976 bis März 1991 als-Hauer (unterbrochen durch Wehrdienst in der Zeit von Mai 1978 bis Oktober 1979) und von April bis November 1991 als Abbauhauer. Er war von 1976 bis 1983 im Bergbaubetrieb … im Streckenvortrieb und anschließend bis 1991 in demselben Bergbaubetrieb im Abbau beschäftigt. Von April bis November 1991 war er im Bergbaubetrieb … als Abbauhauer in der Sanierung tätig.

Der Kläger wurde ab 1. Dezember 1991 von der Gesellschaft für Arbeitsförderung mbH zum Zwecke der Eingliederung in langfristige Qualifizierungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen übernommen. Bei den Gesprächen hierüber und bei der vorgesehenen Umschulungsmaßnahme spielte der Verdacht auf eine Berufskrankheit keine Rolle. Der Kläger verließ den Bergbaubetrieb damals aus Rationalisierungsgründen.

Ab 30. März 1992 folgte eine Umschulung zum Klempner mit Prüfungsabschluß am 30. Juni 1994. Seit dem 4. Juli 1994 ist der Kläger als Klempner berufstätig.

Mit einer Meldung vom 26. Juli 1992 teilte die Ärztin für Allgemeinmedizin Diplom-Medizinerin … der Beklagten den Verdacht einer Berufskrankheit mit. Da der Kläger nicht in der Lage sei, körperlich schwere Arbeiten zu verrichten, bitte sie um die Einleitung eines Berufskrankheitsverdachtsverfahrens.

Im Laufe des Verwaltungsverfahrens holte die Beklagte ein orthopädisches Gutachten von Dipl.-Med. … ein. Nach seiner Ansicht sind die Voraussetzungen zur Erfüllung der Berufskrankheit BK 70 gegeben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 15 v.H. anzunehmen. Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme des gewerbeärztlichen Dienstes des Landesamtes für Soziales und Familie Thüringen vom 12. Februar 1993 von Frau Diplom- Medizinerin … ein. In dieser Stellungnahme wird ausgeführt, allein der röntgenologische Nachweis degenerativer Veränderungen an der Wirbelsäule sei nicht ausreichend; die erhebliche Funktionseinschränkung müsse zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit geführt haben, dies sei bei dem Kläger nicht der Fall.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Juli 1993 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung ab, weil eine Berufskrankheit nach Nr. 70 der BKVO der DDR nicht vorliege. Die bandscheibenbedingten Erkrankungen und Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule seien altersentsprechend. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1994 zurück. Sie stellte jedoch nunmehr in den, Entscheidungsgründen des Bescheides das Vorliegen von degenerativen Veränderungen im Sinne einer Osteochondrose zwischen den Wirbelkörpern L 4/5 und L 5/S 1 sowie eine angedeutete rechtskonvexe Verbiegung des Achsenskeletts der Wirbelsäule sowie eine deutliche Bandscheibenerniedrigung L 5/S 1 bei geringer Wirbelabgleitung vom Typ. Meyerding I fest. Weiterhin führte die Beklagte folgendes aus: „Insoweit ist die Begründung der Ablehnung einer BK 70 im Bescheid vom 6. Juli 1993 fehlerhaft, indem die bandscheibenbedingten Erkrankungen und Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule als altersentsprechend eingeschätzt worden sind.” Die Beklagte wies den Widerspruch jedoch mit der Begründung zurück, der Kläger habe die schädigende Tätigkeit nicht auf Grund der Wirbelsäulenerkrankung aufgegeben, sondern allein aus Gründen der Rationalisierung.

Das dagegen angerufene Sozialgericht Altenburg hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau …, Herrn … und Frau … eingeholt. Weiterhin hat es durch Einholung eines chirurgischen Gutachtens von Dr. … vom 24. August 1994 Beweis erhoben. Der Sachverständige hat eine isolierte degenerative Schädigung des Bandscheibenzwischenraumes L5/S1 mit Wirbelkörpergleiten festgestellt, welche als Ursache für die seit Jahren bestehenden Rückenbeschwerden des Klägers anzusehen sei. Hieraus resultiere eine Minderung der Trage- und Belastungsfähigkeit des Lendenwirbelsäulenskelettes. Die Berufskrankheit sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als alleinige Ursache für die Gesundheitsbeein...

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