Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. betriebliche Voraussetzung. VEB Robotron-Vertrieb Erfurt. Hauptzweck

 

Orientierungssatz

Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion (bzw zum hier nicht in Betracht kommenden Bauwesen) hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl BSG vom 18.12.2003 - B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 1) des VEB muss auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (vgl BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 6).

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 25. Juli 1984 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Der 1953 geborene Kläger erwarb mit dem erfolgreichen Besuch der Ingenieurschule für Elektrotechnik und Maschinenbau in Erfurt das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur führen (Urkunde vom 25. Juli 1984). Anschließend war er nach eigenen Angaben beim VEB Robotron-Vertrieb Erfurt tätig. Nach den Eintragungen in seinem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung war er als Kundendienstingenieur vom 1. Januar bis 30. Juni 1990 beim VEB Robotron-Vertrieb E. und anschließend bei der Büro- und Datentechnik Vertriebs GmbH tätig.

Der VEB Robotron-Vertrieb Erfurt gehörte nach dem Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Erfurt (Reg.Nr. 1300) zum VEB Kombinat Dresden und wurde in die Büro- und Datentechnik Vertriebs GmbH umgewandelt (HRB 310); die Eintragung erfolgte am 12. Juli 1990.

Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht.

Seinen Antrag vom Mai 2004 auf Feststellung der Zeiten vom 25. Juli 1984 bis 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2004 mit der Begründung ab, zu Zeiten der DDR habe keine positive Versorgungszusage bestanden und der Kläger habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2004 wies sie den Widerspruch zurück.

Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Kläger vorgetragen, er habe im Bereich Großrechner gearbeitet, zu dem ausschließlich ingenieurtechnisches Personal zugelassen gewesen sei. Der Betrieb habe wie alle Robotron-Vertriebe dem Industrieministerium Elektrotechnik und Elektronik unterstanden. Die Aufgabe des Betriebes habe darin bestanden, aus gelieferten und importierten Einzelkomponenten durch Montage, Inbetriebnahme, Erprobung und Generierung nach Kundenwunsch ein verkaufsfähiges Produkt zu schaffen.

Mit Gerichtsbescheid vom 1. September 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der VEB Robotron-Vertrieb Erfurt sei nach seinem überwiegenden Gepräge ein Vertriebsbetrieb gewesen; soweit tatsächlich Produktion stattgefunden habe, sei sie untergeordnet gewesen. Darüber hinaus sei der Kläger nicht überwiegend ingenieurtechnisch im Sinne einer aktiven Einbindung in den Produktionsprozess tätig gewesen. Die Tätigkeit als Kundendienstingenieur ziele nicht in erster Linie darauf, ein Produkt serienmäßig herzustellen, sondern die Endmontage und nachfolgende Wartung und Reparatur durchzuführen.

Mit seiner Berufung vertritt der Kläger die Ansicht, der VEB Robotron-Vertrieb Erfurt sei wie alle Robotron-Vertriebe ein Produktionsbetrieb gewesen. In der “Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik„ seien sie als Produktionsbetriebe geführt worden. Dass der Betrieb Waren produziert habe, ergebe sich auch aus den von ihm eingereichten Unterlagen, u.a. dem “Nachweis über die Erfüllung des Planes„, in dem die “Warenproduktion„ des VEB Robotron Vertriebes ausdrücklich aufgeführt sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 1. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2004 zu verurteilen, die Zeiten vom 25. Juli 1984 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die während dessen erzielten Entgelte und sonstigen Sachverhalte im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der VEB Robotron-Vertrieb Erfurt kein Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen sei. Er sei zudem der Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie) zugeordnet worden. Eine massenhafte Fertigung von Sachgütern habe nicht stattgefunden.

D...

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