Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. betriebliche Voraussetzung. VEB Robotron-Vertrieb Erfurt

 

Leitsatz (amtlich)

Der Aufbau von Großrechnern bei Kunden aus Teilkomponenten und ihre Übergabe als funktionsfähige komplette Datenverarbeitungsanlage durch den VEB Robotron-Vertrieb Erfurt ist keine standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter monofunktionaler Maschinen entsprechend dem fordistischen Modell (vgl BSG vom 23.08. 2007 - B 4 RS 3/06 R und LSG Erfurt vom 30.10. 2007 - L 6 R 140/07 und LSG Erfurt vom 17.12.2007 - L 6 RA 68/04 und L 6 R 706/05).

 

Orientierungssatz

Der VEB Robotron-Vertrieb Erfurt war auch kein den Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb nach § 1 Abs 2 ZAVtIVDBest 2.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 1. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Der 1942 geborene Kläger erwarb mit dem erfolgreichen Besuch der Technischen Hochschule I. das Recht, die Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur zu führen (Urkunde vom 7. Juli 1967). Er war nach den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung vom 1. September 1967 bis 31. Dezember 1968 als Wartungsingenieur beim VEB Bürotechnik und anschließend vom 1. Januar 1969 bis 30. Juni 1990 als Wartungs- bzw. Kundendienstingenieur beim VEB Kombinat R. Zentralvertrieb - Betriebsteil E., VEB Robotron-Vertrieb Dresden - Außenstelle E. und bis Ende Juni 1990 beim VEB Robotron-Vertrieb E. tätig. Anschließend arbeitete er in der gleichen Funktion ab 1. Juli 1990 bei der Büro- und Datentechnik Vertriebs GmbH E.

Der VEB Robotron-Vertrieb E. gehörte nach dem Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Erfurt (Reg.Nr. 1300) zum VEB Kombinat Robotron Dresden und wurde in die Büro- und Datentechnik Vertriebs GmbH umgewandelt (HRB 310); die Eintragung erfolgte am 12. Juli 1990.

Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht.

Seinen Antrag vom September 2002 auf Feststellung der Zeiten vom 1. September 1967 bis 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Januar 2003 mit der Begründung ab, zu Zeiten der DDR habe keine positive Versorgungszusage bestanden und der Kläger habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2003 wies sie den Widerspruch zurück.

Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Kläger vorgetragen, beim VEB Robotron-Vertrieb habe die Mehrheit der Mitarbeiter EDV-Anlagen aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten in wochenlanger Arbeit zusammengesetzt und getestet; insofern habe es sich um einen Finalproduzenten des Kombinats gehandelt. Aus den eingereichten Lohnabrechnungen sei ersichtlich, dass die Mitarbeiter produktiv tätig gewesen seien. Dies ergebe sich aus der Unterstellung unter das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik.

Das Sozialgericht hat u.a. die Statuten des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 und 25. August 1984 sowie einen Registerauszug des VEB Kombinat Robotron (Nr. 105) beigezogen und die Beklagte mit Urteil vom 28. April 2005 unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Januar 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2005 verpflichtet, die Zeit vom 1. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Hauptzweck des VEB Robotron-Vertrieb E. sei es gewesen, elektronische Anlagen herzustellen und bei Kunden zu montieren. Damit sei überwiegend industrielle Warenproduktion betrieben worden.

Mit ihrer Berufung vertritt die Beklagte die Ansicht, die dem Betrieb nach dem Statut von 1973 zugewiesenen Aufgaben seien die eines Service-Betriebs; eine materielle Produktion liege nicht vor. Dies ergebe sich auch aus seiner Zuordnung zu der Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 28. April 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach seiner Ansicht haben die Robotron-Vertriebe eine industrielle Sachgüterproduktion betrieben. Sie hätten aus für den Kunden wertlosen Einzelkomponenten in einem Produktionsprozess aus Montage, Systemintegration, Testbetrieb und Übergabetest eine funktionsfähige komplette Datenverarbeitungsanlage hergestellt. Es habe sich um einen Massenausstoß gehandelt. Angesichts der Größe (mehrere 100 qm) und der unterschiedlichen Herkunft habe die Endfertigung vor Ort erfolgen müss...

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