Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. Kosten der Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem getrennt lebenden Kind. Getrenntleben der Eltern iS des Familienrechts. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem getrennt lebenden Kind nach § 21 Abs 6 SGB 2 besteht nicht bereits im Falle der räumlichen Trennung des Elternteils vom Kind, sondern nur dann, wenn die Eltern iS des Familienrechts getrennt leben, was neben der räumlichen Trennung auch einen Trennungswillen voraussetzt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 2. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten (noch) über höhere Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Dezember 2011.
Der im Jahre 1949 geborene Kläger bezog zusammen mit seiner rumänischen Ehefrau und der gemeinsamen im Jahr 2001 geborenen Tochter ab 1. Januar 2005 Leistungen zur Grundsicherung. Im Sommer 2008 nahm die Ehefrau in Rumänien eine Arbeit bei einer Nettovergütung von etwa 382 Euro monatlich auf. In einem Gespräch vom 23. September 2008 teilte der Kläger mit, seine Ehefrau halte sich nur vorübergehend in Rumänien auf, um dort Berufspraxis zu sammeln. Seine Tochter besuche dort eine deutschsprachige Schule. Seit der Arbeitsaufnahme hält sich der Kläger in etwa dreimal jährlich für mehrere Wochen bei seiner Familie in Rumänien auf, so auch im Frühjahr und Sommer 2011. Aktenkundig ist auch ein Besuch der Frau und Tochter in K. an Weihnachten 2009.
Auf seinen Antrag bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2011 Leistungen in Höhe von 582,22 Euro monatlich zusammengesetzt aus der Regelleistung für Alleinstehende in Höhe von 364 Euro und Kosten der Unterkunft / Heizung (KdU) in Höhe von 221,22 Euro. Eine Anrechnung von Einkommen aus der Vermietung der Erdgeschosswohnung des Anwesens unterblieb nach Bereinigung durch die Schuldzinsen, die Versicherungspauschale und die Kfz-Haftpflichtversicherung.
Den Widerspruch - hier monierte der Kläger im Wesentlichen die Höhe der KdU - wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2011 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger unter dem 6. Dezember 2011 die Übernahme der Umgangskosten für seine Tochter bezüglich des geplanten Besuchs vom 23. Dezember 2011 bis 28. Januar 2012 gefordert. Für Benzin, Mautgebühren und eine Übernachtung schätze er die Reisekosten auf etwa 300 Euro. Mit Bescheid vom 13. Februar 2012 hat der Beklagte den Antrag abgelehnt. Ein Anspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II bestehe nicht. Eine Atypik liege nicht vor. Bei der Gründung zweier Hausstände habe es sich um einen freien Entschluss der Familie gehandelt. Sei die Entscheidung aber im Einvernehmen erfolgt, müsse die Familie und nicht der Steuerzahler die Konsequenzen hieraus ziehen. Den dagegen gerichteten Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2012 als unzulässig verworfen. In der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2012 haben sich die Beteiligten unter anderem vergleichsweise darüber geeinigt, dass der Beklagte für die Monate Januar bis Dezember 2011 KdU in Höhe von 225,45 Euro monatlich zahlt. Im Ergebnis seien noch die Kosten des Umgangsrechts in Form der Hinfahrt nach Rumänien im Dezember 2011 streitig. Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Übernahme eines besonderen Bedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II seien nicht erfüllt. Ein atypischer Fall sei nicht erkennbar. Die Wahl zweier Haushalte sei insbesondere bei erwerbstätigen Familienangehörigen heute durchaus üblich. Die Kosten für die doppelte Haushaltsführung seien bei Leistungsberechtigten bei der Einkommensbereinigung berücksichtigungsfähig. Auch sei Art. 6 GG nicht verletzt. Die familiäre Situation des Klägers lasse es zu, dass man sich gegenseitig besuche. Beispielsweise könne sich die Familie in der Urlaubs- und Ferienzeit bei dem Kläger aufhalten. Denkbar wäre auch eine finanzielle Unterstützung des Klägers durch die erwerbstätige Ehefrau bei Reisen nach Rumänien. Schließlich sei zweifelhaft, ob der Bedarf unabweisbar sei. Seit dem Wegzug der Familie sei der Kläger ohne Gewährung eines Mehrbedarfs halbjährlich nach Rumänien gefahren.
Mit der vom Sozialgericht zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Meinung, er habe Anspruch auf Gewährung der Reisekosten. Anerkannt sei dies für die Kosten des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern. Erstrecht müsse dies aber dann bei Verheirateten gelten. Andererseits sei Art. 6 GG verletzt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 2. Juli 2012 sowie de...