Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt L wird abgelehnt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Leistungen der Opferentschädigung wegen DDR-Dopings.

Der 1955 geborene Kläger besuchte von Juli 1968 bis Dezember 1971 die Kinder- und Jugendsportschule „S“ in H. In dieser Zeit hat er beim SC-Dynamo H Leichtathletik (Hammerwerfen, Diskuswerfen und Kugelstoßen) als Leistungssport betrieben. Aufgrund nachlassender schulischer Leistungen nahmen ihn seine Eltern Ende 1971 aus der Kinder- und Jugendsportschule (bzw. musste er die Schule verlassen).

Seinen Angaben zufolge wurden ihm während dieser Zeit jeweils vor Beginn sportlicher Höhepunkte im Wettkampfjahr Tabletten in verschiedenen Farben zusammen mit Zusatzpräparaten verabreicht. Bei häufiger vorkommenden körperlichen Zusammenbrüchen während des Krafttrainings sei er vom Trainer angewiesen worden, sich in der Sportmedizin einen „Cocktail“ verabreichen zu lassen. Danach sei er wieder zu körperlichen Höchstleistungen bereit gewesen. Nach seinen Angaben habe er nicht gewusst, welche Präparate ihm verabreicht wurden.

Am 30. April 2014 beantragte er unter Beifügung von Unterlagen aus dem Verfahren nach dem Dopingopferhilfegesetz (DOHG - dort waren ihm Leistungen in vierstelliger Höhe bewilligt worden) beim seinerzeit zuständigen Land Berlin die Gewährung von Beschädigtenversorgung.  Als Gesundheitsschäden gab er eine schwere Gonarthrose in allen großen Gelenken (Knie, Ellenbogen, Schultern, Lendenwirbel und Hüfte) sowie schwere körperliche Einschränkungen der Beweglichkeit an.

Das Land Berlin holte eine versorgungsärztliche Äußerung ein. Nach der Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie H1 vom 15. Juli 2017 handele es sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit um die dem Hochleistungssport geschuldeten Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule, der Schulter-, Ellenbogen-, Hüft- und Kniegelenke, die durch die im Alter zunehmenden degenerativen Veränderungen und das Übergewicht (Gewicht und Größe im Jahre 2009: 143 kg, 192 cm) noch verstärkt würden.

Der Antrag des Klägers wurde mit Bescheid vom 30. Juli 2015 abgelehnt. Mit seinem Widerspruch vom 25. August 2015 (Eingang am 27. August 2015) machte der Kläger noch weitere Gesundheitsstörungen (Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich, der Nieren und des Herzens) geltend. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2015 (berichtigt durch Bescheid vom 10. Dezember 2015) zurückgewiesen.

Gegen die Bescheide erhob der Kläger am 09. November 2015 Klage zum Sozialgericht. Der Kläger legte eine Vielzahl medizinischer Unterlagen aus neuerer Zeit sowie Kopien aus seinem Sozialversicherungsausweis vor. Das Sozialgericht holte ein orthopädisches Gutachten sowie ein internistisches Gutachten über den Kläger ein. Nach dem Gutachten des Orthopäden S vom 13. September 2017 (Bl. 315 ff. d. A.) ist ein Zusammenhang zwischen der Verabreichung von Steroiden im Jugendalter und der beim Kläger festgestellten Polyarthrose nicht hinreichend gesichert. In den bei der Literaturrecherche gefundenen acht potentiell relevanten Publikationen habe sich kein Hinweis darauf gefunden, dass die Verabreichung von anabolen Steroiden ein erhöhtes Risiko mit sich bringe, nach längerer Verabreichung eine dem Altersdurchschnitt vorangehende Arthrose zu verursachen. Nach dem internistischen Gutachten von K vom 14. Dezember 2018 (Bl. 365 ff. d. A.) könnten die Adipositas, die Herzerkrankungen sowie die weiteren Leiden auf internistischem Fachgebiet nicht auf die Gabe von Dopingmitteln zurückgeführt werden. Hinweise auf eine Leberschädigung fänden sich nicht, der arterielle Hypertonus sei erst seit 1995 bekannt. Entsprechend den eigenanamnestischen Angaben des Klägers habe bereits seit dem Kindesalter ein sehr kräftiger Körperbau und seit dem Jugendalter ein erhöhtes Körpergewicht bestanden.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 28. Mai 2019 abgewiesen. Ein tätlicher Angriff im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes liege vor. Nach einem Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales stelle die Verabreichung von Dopingsubstanzen die Verabreichung von Gift dar. Jedoch könne ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der früheren Verabreichung von Dopingsubstanzen und den Gesundheitsstörungen des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Gegen das am 01. Juli 2019 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 01. August 2019 beim Landessozialgericht eingegangen ist und mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.

Er erhebt Einwände gegen die Beweisaufnahme des Sozialgerichts, diese sei nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden. Der Sachverständige K habe sich vom Gegenstand der vorzunehmenden Einschätzung nicht informiert,...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge