Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Verweisbarkeit eines Diplom-Ingenieurs für Planung und Koordinierung auf die Tätigkeit eines Bankkaufmanns

 

Orientierungssatz

1. Ein Diplom-Ingenieur für Planung und Koordinierung kann sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Bankkaufmanns verwiesen werden.

2. Zum Berufsbild des Bankkaufmanns.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 6. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1953 geborene Kläger absolvierte von September 1972 bis August 1976 ein Studium an der Technischen Hochschule I. und erwarb einen Abschluss als Diplom-Ingenieur für elektronische Bauelemente. Von Oktober 1976 bis November 1992 arbeitete er beim VEB F. E. bzw. dessen Rechtsnachfolgerin, der Mikroelektronik und Technologiegesellschaft mbH (MTG), zuletzt als Abteilungsleiter im Unternehmensbereich Bauelementefertigung. Nach der Insolvenz des Unternehmens war er aufgrund befristeter Arbeitsverträge bis Juni 1994 in der Auffanggesellschaft (E. mbH) tätig. Von Dezember 1997 bis November 1998 arbeitete er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Thüringischen Institut für Akademische Weiterbildung (TIAW) e.V. Seit 1992 absolvierte der Kläger verschiedene Fortbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen und erwarb mehrere Abschlüsse: 1992 Fachmann für Automatisierungstechnik, 1996 Betriebsinformatiker und Bankkaufmann. Seit dem 5. März 2008 bezog er erneut Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, seit dem 5. September 2008 war er arbeitsunfähig erkrankt.

Im März 2009 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog u.a. den Rehabilitationsentlassungsbericht des Reha-Zentrums B. D. vom 11. März 2009 (Diagnosen: pseudoradikuläres LWS-Syndrom links, pseudoradikuläres HWS-Syndrom beidseits, Arthritis urica, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2b, Polyneuropathie; Leistungsbild: Ausübung der Tätigkeit als Elektroingenieur bzw. mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung von Einschränkungen sechs Stunden und mehr) bei und lehnte mit Bescheid vom 4. Mai 2009 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Im Widerspruchsverfahren holte sie ein augenärztliches Gutachten des Dr. K. vom 23. September 2009 (Diagnosen: Retinopathia diabetica 2. Grades, diabetische Maculopathie, Deuteranomalie) ein. Der Kläger könne als Dipl.-Ing. für Elektronik sechs Stunden und mehr tätig sein. Er sei seitens der Augen in seiner Leistungsfähigkeit etwas eingeschränkt; die zentrale Sehschärfe und auch die anderen Funktionen reichten aber für eine Berufsausübung aus. Die Sehstörungen links behinderten die Konzentration, machten aber Büroarbeiten nicht unmöglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Er sei in der Lage, in seinem bisherigen Beruf als wissenschaftlicher Mitarbeiter und unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht (SG) u.a. diverse Befundberichte mit entsprechenden medizinischen Anlagen beigezogen sowie Dr. K. mit der Erstellung eines internistischen und Dr. Dr. B. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dr. K. hat folgende Diagnosen genannt: Diabetes mellitus Typ II, sensible Neuropathie im Bereich beider Füße, diabetesbedingte Retinopathie, Makroangiopathie, Mediasklerose Mönckeberg, Übergewicht, essenzielle arterielle Hypertonie, Struma nodosa, Arteriosklerose im Bereich der hirnversorgenden Arterien, Unterschenkelbeinvenenvarikosis rechtsseitig, degenerative Skelettveränderungen mit zervikokranialem Syndrom und lokalem Lumbalsyndrom. Dr. Dr. B. hat auf orthopädischem Fachgebiet chronisch-rezidivierende Halswirbelsäulenbeschwerden bei Streckfehlhaltung der Halswirbelsäule und schweren degenerativen Veränderungen des Bandscheibensegmentes C5/6 mit nahezu völligem Aufbrauch der Zwischenwirbelscheibe, Funktions- und Belastungseinschränkungen der linken Schulter bei Schultereckgelenksarthrose links und Impingementsyndrom, chronisch-rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei Lendenwirbelsäulenfehlstatik und muskulären Dysbalancen, Funktions- und Belastungseinschränkungen des rechten Fußes bei Arthrose des Großzehengrundgelenkes mit Problemen vor allem beim Abrollvorgang diagnostiziert. Zusammenfassend führen die Sachverständigen aus, der Kläger erfahre eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit in erster Linie durch die Visusminderung beidseits. Er könne nur noch körperlich leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung der in den Gutachten genannten Einschränkungen sechs bis acht Stunden täglich übernehmen. Nach dem Befundbericht der H. Kl...

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