Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. zumutbare Verweisung einer Außendienstmitarbeiterin auf die Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin
Leitsatz (amtlich)
Eine Außendienstmitarbeiterin/Handelsvertreterin kann zumutbar auf Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiterin verwiesen werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 8. November 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab dem 1. September 2001 hat.
Die am 1950 geborene Klägerin absolvierte nach eigenen Angaben von September 1964 bis Juli 1967 eine Lehre zur Fachverkäuferin Elektrowaren und arbeitete bis Oktober 1970 in diesem Beruf. Danach war sie von Februar 1979 bis Mai 1980 als Mitarbeiter Poststelle, von Juni 1980 bis Mai 1985 als Förderberater Kader, von April 1988 bis Juli 1990 als Mitarbeiter Lohnbüro, von Dezember 1990 bis Juli 1991 als Kassiererin und Verkäuferin tätig. Von Januar 1992 bis Juli 1993, August 1993 bis November 1995, Juni 1997 bis Oktober 1998 und zuletzt Juli bis September 1999 arbeitete sie als Handelsvertreterin beziehungsweise Außendienstmitarbeiterin. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos.
Im August 2001 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte u.a. ein orthopädisches Gutachten des Dr. M. vom 13. Dezember 2001 (leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr möglich) und ein internistisches Gutachten des Dr. Sch. vom 21. Mai 2002 (leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr möglich) ein und lehnte mit Bescheid vom 11. Juni 2002 die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2003 zurück.
Nach Klageerhebung hat das Sozialgericht u.a. diverse Befundberichte der behandelnden Ärzte, die Akte des Arbeitsamtes Erfurt, ein berufskundliches Gutachten der H. J. vom 15. Dezember 2004 (Az.: L 6 RJ 544/03), eine Arbeitgeberauskunft vom 8. September 2003 bezüglich der Tätigkeit von Juli bis September 1999 sowie die Anstellungsverträge vom 16. Mai und 24. Dezember 1997 beigezogen und ein orthopädisches Gutachten von Dr. W. vom 16. Mai 2005 eingeholt. Die Sachverständige hat als Diagnose eine retropatellar betonte Arthrose der Kniegelenke mit subjektiven Beschwerden, ein chronisch zervikales und lumbales vertebragenes Schmerzsyndrom ohne Funktionseinschränkungen der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte und ohne neurologische Defizite bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, eine chronisch rezidivierende Sehnenscheidenentzündung am linken Handgelenk mit leichter Funktionseinschränkung und ein Hallux valgus beiderseits mit Einschränkung der Beweglichkeit der Großzehengrundgelenke diagnostiziert. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr ohne Zwanghaltungen, insbesondere ohne Überkopfarbeiten, ohne Hebe- und Bückarbeit als Dauerleistung mit maximaler Hebebelastung von fünf Kilogramm als Einzelleistung, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft verrichten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. November 2007 abgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, sie leide bereits seit ihrer Kindheit an erheblichen Beschwerden im Bereich der Füße und der Wirbelsäule. Die Beschwerden im Bereich der Kniegelenke hätten sich in den letzten Jahren verschlechtert. Hinzu gekommen seien erhebliche Beschwerden im Bereich der Schultergelenke. Sie genieße Berufsschutz als Facharbeiter, insbesondere habe sie zuletzt Facharbeitertätigkeiten verrichtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 8. November 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2003 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. September 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berichterstatterin des Senats hat im Erörterungstermin am 30. Mai 2008 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Die Klägerin hat einen Auszug aus dem Handbuch der Berufe/Berufsprofile für die arbeits- und sozialmedizinische Praxis in das Verfahren eingeführt. Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte und ein berufskundliches Gutachten der H. J. vom 6. Juni 2004 aus einem anderen Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 301/02) zur Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin beigezogen. Auf Antrag der Klägerin hat er nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein orthopädisches Gutachten des Dr. W. vom 10. Februar 2009 eingeholt, in dem dieser folgende Diagnosen stellt: fortgeschrittene Retropatellararthrose mit lateralem Hyperpressionssyndrom beidseits, Gonarthrose beidseits, chronische Cervicobrachialg...