Orientierungssatz
Bei dem Antrag nach § 20 Abs 1 S 1 SozVersG handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung iS des § 130 Abs 1 S 1 BGB. Eine solche Erklärung wird erst dann wirksam, wenn sie dem Erklärungsgegner zugeht (vgl BSG vom 1.2.1979 - 12 RK 33/77 = SozR 2200 § 1227 Nr 23). Für den Zugang des Antrages beim Rentenversicherungsträger trifft den Antragsteller die objektive Beweislast (BSG aaO).
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger der Versicherungspflicht unterliegt. Dabei ist insbesondere umstritten, ob der Kläger im April 1991 einen Antrag auf Beendigung der Versicherung gestellt hat.
Für den im Jahre 1940 geborenen Kläger wurden bis Februar 1991 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung abgeführt. Im Januar 1991 meldete er mit Wirkung vom 1. März 1991 den Betrieb einer Gaststätte und Wohnherberge für Bauarbeiter und Urlauber als Gewerbe an. Im Mai und Juni 1991 schloss er zwei Versicherungsverträge bei der S AG ab.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens stellte die Beklagte fest, dass der Kläger der Versicherungspflicht unterlag, aber keine Beiträge abgeführt hatte. Am 22. Dezember 1997 erteilte sie ihm daher einen Bescheid, dass er seit Januar 1992 versicherungspflichtig sei und nunmehr Beiträge in Höhe von 37.103,64 DM nachzuzahlen habe. Bei dieser Nachforderung waren nur Beiträge ab Januar 1993 berücksichtigt; die Beiträge für das Jahr 1992 seien verjährt. – Dieser Bescheid und eine spätere Mahnung von März 1998 blieben ohne Reaktion von Seiten des Klägers.
Im anschließend eingeleiteten Vollstreckungsverfahren gab der Kläger gegenüber dem Hauptzollamt an, er habe den Bescheid vom 22. Dezember 1997 nicht erhalten. Der Bescheid wurde deshalb Ende Juni 1998 nochmals an ihn versandt. Daraufhin erhob er Widerspruch und verwies auf ein Schreiben vom 1. April 1991, das an die Beklagte gerichtet war und mit dem er sich aus der gesetzlichen Rentenversicherung abmeldete. Eine Kopie dieses Schreibens legte er vor (Bl. 51 der VwA); darin wird auf eine "Anlage: Gewerbegenehmigung" hingewiesen; ein Hinweis auf sonstige Anlagen (insbesondere auf etwaige Versicherungsverträge) findet sich in dem Schreiben nicht.
In einem späteren an seinen Anwalt gerichteten Schreiben vom 30. Oktober 1998 teilte der Kläger mit, das Schreiben vom 1. April 1991 sei mit "Normalpost" verschickt worden; von der Beklagten habe er weder eine Eingangsbestätigung noch sonst ein anderes Schreiben innerhalb der folgenden sieben Jahre erhalten.
Nach weiteren Ermittlungen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 1999 den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Suhl (später Sozialgericht Meiningen) Klage erhoben und weiterhin vorgetragen, dass er einen Befreiungsantrag gestellt habe. Versäumnisse der Beklagten bei der ordnungsgemäßen Aktenbearbeitung habe er nicht zu vertreten; er habe auch private Vorsorge getroffen.
Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte am 13. November 2001 einen weiteren Bescheid erteilt und einen nachträglichen Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Selbständige von September 2001 abgelehnt, weil er bereits vor dem 1. Januar 1999 Kenntnis von seiner Versicherungspflicht gehabt habe und deshalb die Voraussetzungen des § 231 Abs. 6 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vorlägen.
Mit Urteil vom 19. März 2003 hat das Sozialgericht Meiningen die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen näher dargelegt, dass ein Beendigungsantrag nicht nachgewiesen sei und die Voraussetzungen für die Beendigung von der Versicherungspflicht somit nicht gegeben seien. Auch eine nachträgliche Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 6 SGB VI sei im Falle des Klägers nicht möglich.
Mit der Berufung verfolgt er sein Begehren weiter. Er behauptet weiterhin, dass er im April 1991 bereits einen Befreiungsantrag gestellt habe. Im Übrigen legt er dar, wie seines Erachtens § 231 Abs. 6 SGB VI auszulegen sei (vgl. Schriftsatz vom 20. August 2003).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 19. März 2003 und den Bescheid vom 22. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 1999, ergänzt durch Bescheid vom 13. November 2001, aufzuheben und festzustellen, dass er seit März 1991 von der Versicherungspflicht befreit ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie geht weiterhin davon aus, dass die Rechtslage in den angefochtenen Bescheiden und in dem erstinstanzlichen Urteil zutreffend gewürdigt wurde.
Ergänzend wird auf den wesentlichen Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten Bezug genommen, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte nach Lage der Akten entscheiden, weil der Kläger in dem anberaumten Termin nicht vertreten war und die Beklagte vor Eintritt in die mündliche Verhandlung einen entsprechenden Antrag geste...