Verfahrensgang
SG Altenburg (Urteil vom 30.09.1999; Aktenzeichen S 13 KR 1462/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Sozialgerichtes Altenburg vom30. September 1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung einer an das Geburtshaus G. (nachfolgend Geburtshaus) gezahlten Pauschale in Höhe von 590,00 DM.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin unterzeichnete am 16. November 1997 eine „Vereinbarung über Geburtshauspauschale”, wonach sie sich einverstanden erklärte, dem Geburtshaus eine „Geburtshauspauschale” in Höhe von 590,00 DM in drei Raten zu zahlen (1. Rate bei Anmeldung zur Geburt, 2. Rate bei Einsetzen der Rufbereitschaft, 3. Rate zwei Wochen nach der Geburt). Sollte die Geburt zu irgendeinem Zeitpunkt in der Klinik oder einem anderen Ort stattfinden, verblieben die bis dahin gezahlten Raten beim Geburtshaus.
Bei diesem handelt es sich um eine von zwei Hebammen geleitete Einrichtung, in der neben ambulanten Geburten (mit Pauschalentgelt) ab 18. Juli 1998 auch stationäre Entbindungen mit einem Aufenthalt bis zum sechsten Tag post partum durchgeführt werden. Ein Versorgungsvertrag zwischen dem Geburtshaus und der Beklagten besteht nicht.
Vor der Entbindung ihres Kindes im Geburtshaus (13. Januar 1998) sprach die Klägerin – nach eigenen Angaben im November 1997 – bei der Beratungsstelle der Beklagten in G. vor. Dort wurde ihr mitgeteilt, dass die „Geburtshauspauschale” von 590,00 DM im Falle der Entbindung im Geburtshaus nicht übernommen werde, da sie keine Vertragsleistung der gesetzlichen Krankenkasse und das Geburtshaus keine Vertragseinrichtung sei. Die Klägerin wurde auf die Möglichkeit der Kostenübernahme der Hebammengebühren im Rahmen der Hebammengebührenverordnung (HebGV) sowie der stationären Krankenhauskosten im Rahmen einer Entbindung im Krankenhaus verwiesen.
Den Antrag vom 13. Februar 1998 auf Übernahme der Sachkosten in Höhe von 590,00 DM lehnte die Beklagte unter dem 27. Februar 1998 ab und führte aus, die erstattungsfähigen Gebühren der Hebamme seien bereits abgerechnet; eine darüber hinausgehende Kostenerstattung sei nicht möglich.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 1998 als unbegründet zurück, weil es sich bei dem Geburtshaus um kein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus oder eine andere Einrichtung im Sinne des § 197 der Reichsversicherungsordnung (RVO) handele.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht eine schriftliche Stellungnahme der Leiterin des Geburtshauses vom 17. Februar 1999 eingeholt und die Beklagte mit Urteil vom 30. September 1999 unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1998 verurteilt, der Klägerin die Kosten in Höhe von 590,00 DM zu erstatten und die Berufung zugelassen. Nach den Entscheidungsgründen hat die Beklagte die Sachleistung zu Unrecht abgelehnt. Bei dem Geburtshaus handle es sich um eine „andere Einrichtung” im Sinne des § 197 Satz 1 RVO. Einer Zulassung bedürfe es nicht, da dieses kein Krankenhaus sei. Eine analoge Anwendung der Zulassungsbestimmungen würde einen „berufswahlnahen” Eingriff in das Grundrecht des Artikels 12 des Grundgesetzes (GG) darstellen. Insofern bestünde keine planwidrige Regelungslücke. Allein die staatliche Anerkennung der Leiterin des Geburtshauses als Hebamme und die eigene Entscheidung zur freiberuflichen Tätigkeit berechtige diese zur Teilnahme an der Versorgung der Versicherten.
Mit ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, es bestehe nach § 197 Satz 1 RVO nur ein Anspruch auf Leistungen in einer Einrichtung, die zur Behandlung von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen sei. Die ausdrückliche Erwähnung der Geburtshilfe im Rahmen des § 107 RVO spreche dafür, dass auch die in § 197 Satz 1 RVO genannten „anderen Einrichtungen” von einer Zulassung nicht ausgenommen seien. Im Übrigen habe es sich bei der Entbindung der Klägerin um eine ambulante und nicht um eine stationäre Entbindung gehandelt. Das Sozialgericht habe selbst festgestellt, dass Kosten der Berufsausübung in Form von Praxiskosten mit der Vergütung der HebGV abgegolten und nicht gesondert berechnet werden können, zumal in Arztpraxen und Hebammenpraxen Kosten für Unterkunft, Pflege und Verpflegung nicht anfallen. Nach der gesetzlichen Systematik solle durch § 197 RVO lediglich sichergestellt werden, dass der Versicherten bei längerem Verbleiben in einer Einrichtung auch Unterkunft, Pflege und Verpflegung gewährt werden. Soweit derartige Leistungen im Zusammenhang mit der unmittelbaren Entbindung erforderlich seien, seien sie nach § 196 RVO beziehungsweise der HebGV zu gewähren. Einer nochmaligen Bestätigung dieser Ansprüche in § 197 RVO bedürfe es daher nicht mehr. Die Leistungspflicht der Kasse aus den §§ 195 und 197 RVO für die Fälle der stationären ...