Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Verweisbarkeit. Mehrstufenschema. Postzusteller
Orientierungssatz
1. Zur Abgrenzung des Berufes des Postzustellers von der Tätigkeit einer Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb.
2. Ein Postzusteller kann zumutbar auf eine Bürohilfstätigkeit als Poststellenmitarbeiter verwiesen werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 15. April 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1955 geborene Klägerin absolvierte vom 1. September 1971 bis zum 19. Juli 1973 erfolgreich eine Ausbildung zum Facharbeiter für EDV. Danach arbeitete sie bis Februar 1980 als Maschinenarbeiterin, bis Dezember 1985 als Materialbuchhalterin und bis Juni 1997 zunächst als Verwalterin einer Poststelle, dann als Postzustellerin. Laut Lehrgangszeugnis vom 30. Juni 1987 nahm sie an dem Lehrgang Spezialisierung “Verwalter einer Poststelle„ im Beruf Facharbeiter für Postverkehr teil und schloss ihn erfolgreich ab. Laut Arbeitgeberauskunft der … AG vom 24. März 2000 erwarb die Klägerin ihre Facharbeiterqualifikation im Wege der Erwachsenenqualifizierung und einer postbetrieblichen Prüfung. Sie war nur in Teilbereichen des Facharbeiterberufs als Zustellerin eingesetzt; Einstiegslohngruppe war die Lohngruppe 5, zuletzt wurde sie in Lohngruppe 8 bezahlt. Nach der Arbeitgeberauskunft der … AG vom 12. Februar 2008 handelte es sich um eine Facharbeitertätigkeit. Seit 1. Juli 1997 bezog die Klägerin Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, seit 1. September 1998 war sie arbeitsunfähig erkrankt.
Im Juli 1999 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. S. vom 2. Dezember 1999 (Leistungsbild: leichte Arbeiten vollschichtig) ab. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2000 zurück. Im Klageverfahren holte das Sozialgericht Altenburg (Az.: S 17 RJ 789/00) u.a. ein orthopädisches Gutachten des Dr. V. vom 1. September 2002 (Diagnosen: lokales Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei Wirbelgleiten L5/S1 ohne Nervenwurzelreizsymptomatik, lokales Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule ohne Nervenwurzelreizsymptomatik, Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Verschleiß der Kniescheibenrückflächen beidseits; Leistungsbild: leichte Arbeiten unter Berücksichtigung von Einschränkungen vollschichtig) und ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten der Dr. K. vom 22. Januar 2003 (Leistungsbild: leichte Arbeiten mindestens drei aber weniger als sechs Stunden täglich) ein. In der mündlichen Verhandlung am 16. September 2003 einigten sich die Beteiligten dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2001 bis zum Ende des Monats, in dem die zu gewährende psychosomatische Heilbehandlung zur Rehabilitation endet, gewährt. Die Klägerin bezog die Rente bis 31. Januar 2004.
Im Januar 2004 beantragte sie die "Weiterzahlung" der Rente. Die Beklagte zog den Rehabilitationsentlassungsbericht der Rehaklinik an der …… vom 27. Januar 2004 (Diagnose: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, chronische Zervikobrachialgien beidseits, chronisches Lumbalsyndrom bei Spondylolisthesis L5/S1 Meyerding I, Hypertonie, Adipositas; Leistungsbild: leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen täglich sechs Stunden und mehr) bei und lehnte mit Bescheid vom 25. Februar 2004 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2004).
Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht u.a. diverse Befundberichte mit entsprechenden medizinischen Anlagen beigezogen, den Beteiligten zwei berufskundliche Gutachten der Sachverständigen Janke aus einem anderen Verfahren des Thüringer Landessozialgerichts (Az.: L 2 RJ 48/04 und L 2 RA 616/02) zur Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin übersandt sowie mehrere Gutachten eingeholt:
- Psychiatrisch-psychologisches Gutachten der Dr. M. vom 20. Oktober 2005 mit psychologischer Zusatzbegutachtung durch Dipl.-Psych. U. vom 12. September 2005. Diagnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule auf der Grundlage einer Spondylolisthesis L5/S1, chronische Zervicobrachialgien beidseits, arterielle Hypertonie, Adipositas. Die Klägerin könne weniger als sechs aber mehr als drei Stunden leichte Arbeiten an fünf Tagen pro Woche unter Beachtung von Einschränkungen ausüben. In Anbetracht der Länge der Zeit, die sie jetzt aus dem Arbeitsprozess heraus sei, könne es auch bei der vorgegebenen Arbeitszeit notwendig sein, dass ihr in einem Zeitraum von drei Stunden 15 Minuten Pause...