Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Verweisbarkeit eines Baggerfahrers auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Berufsschutz eines Baggerfahrers.

 

Orientierungssatz

Ein Baggerfahrer kann zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verwiesen werden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 8. März 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.

Der 1953 geborene Kläger erlernte ab September 1970 den Beruf des Baumaschinisten mit der Spezialisierung Raupenfahrer (Facharbeiterbrief vom 28. Juli 1972). Im Ausbildungsbetrieb arbeitete er zunächst als Raupenfahrer und zum Schluss als Baggerfahrer. Ab 2002 arbeitete er für verschiedene Firmen als Baggerfahrer, teilweise auch als Walzenfahrer. Vom 1. Juni 2007 bis zum 24. Januar 2008 war der Kläger für das Unternehmen Landschafts- und Erdbau A. P. tätig. Nach dem Arbeitsvertrag vom 29. Mai 2007 wurde er als Baufachhelfer/Gerätefahrer eingestellt und erhielt einen Stundenlohn von brutto 10,10 € unter Berücksichtigung der Lohngruppe 2 der Lohntabelle für das Baugewerbe in Thüringen. Nach der Arbeitgeberauskunft vom 14. April 2009 war der Kläger als Bauhelfer/Gerätefahrer tätig. Es handle sich um Tätigkeiten, die im Allgemeinen von Facharbeitern ausgeführt werden, wie alle typischen Arbeiten im Bau/Erdbau. Nach der Auskunft vom 20. Januar 2011 war der Kläger hauptsächlich als Baumaschinist im Landschafts- und Erdbau tätig. Nach Stellung des Rentenantrags war er kurzzeitig als Kraftfahrer und Lagerist tätig.

Die Beklagte lehnte nach Beiziehung eines Reha-Entlassungsberichtes der Rehaklinik an der S. vom 20. März 2009 den Rentenantrag mit Bescheid vom 6. Mai 2009 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2009 zurück.

Das Sozialgericht hat nach Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. Dr. B. vom 10. Juni 2010 die Klage mit Urteil vom 8. März 2011 abgewiesen. Zwar könne der Kläger nicht mehr als Baumaschinist tätig werden, könne jedoch auf eine Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verwiesen werden. Diese Tätigkeit sei ihm sozial zumutbar, da er nicht als Facharbeiter einzustufen sei. Dies folge insbesondere aus der Entlohnung nach der Lohngruppe 2, bei der es sich nicht um eine Facharbeiterlohngruppe handle.

Im Berufungsverfahren macht der Kläger geltend, er sei als Facharbeiter einzustufen. Insbesondere während seiner letzten Tätigkeit sei er nahezu ausschließlich an andere Firmen verliehen worden; ihm sei kein Objekt des A. P. bekannt. Er habe jeweils als Baggerfahrer gearbeitet. Die Entlohnung sei kein Indiz, vielmehr versuche der ehemalige Arbeitgeber, die Tätigkeit der zu niedrigen Entlohnung anzupassen. Letztlich beruft er sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin vom 25. August 2003 - L 16 RJ 86/02.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 8. März 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. April 2009 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger sei nicht als Facharbeiter einzustufen, da er nicht die vollen theoretischen und praktischen Kenntnisse eines Baugeräteführers erlangt habe. Insbesondere zeige die tarifliche Eingruppierung, dass er keine Facharbeitertätigkeit ausgeübt habe.

Der Senat hat durch seinen Berichterstatter am 22. April 2013 einen Erörterungstermin durchgeführt. Zum genauen Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Blatt 217ff. der Gerichtsakte).

Der Senat hat den Beteiligten ein berufskundliches Gutachten der H. J. vom 30. Mai 2005 zur Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte aus einem anderen Verfahren des Senats (L 6 RJ 883/03) sowie ein Schreiben des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) vom 20. Dezember 2007 aus einem Verfahren des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Az.: L 3 R 478/06) zur Kenntnis gegeben. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der Rehaklinik an der S. vom 11. Mai 2012 sind bei dem Kläger weitere Erkrankungen u.a. in Gestalt einer rezidivierenden depressiven Störung hinzugekommen. Die Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sei nicht auf unter sechs Stunden täglich abgesunken. Auf Anfrage des Senats hat Prof. Dr. Dr. B. unter dem 12. Juli 2013 mitgeteilt, dass dem Kläger unter Berücksichtigung der berufskundlichen Unterlagen der H. J. und des BDWS sowie des Reha-Entlassungsberichtes vom 11. Mai 2012 eine Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte zuzumuten sei.

Hinsichtlich der weite...

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