Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Nichteignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. gesundheitliche Gründe
Orientierungssatz
Die in § 21 Ärzte-ZV benannten gesundheitlichen Gründe erfordern keinen bestimmten Schweregrad bzw ein bestimmtes Stadium einer Erkrankung. Vielmehr ist maßgeblich, ob die vertragsärztliche Tätigkeit des Arztes insgesamt in Frage gestellt ist im Hinblick auf den Normzweck der Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Systems und insbesondere des Patientenschutzes.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 9. November 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner vertragsärztlichen Zulassung.
Der 1950 geborene Kläger nahm als Facharzt für Allgemeinmedizin seit 1991 an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Wegen einer Patientenbeschwerde, in der der Verdacht geäußert wurde, dass der Kläger im Notdienst alkoholisiert Patientenbehandlungen durchgeführt habe, führte die Vorstandsvorsitzende der Beigeladenen zu 7.) im Juli 2014 ein Gespräch mit ihm. Die Frage, ob er Alkohol im Dienst zu sich genommen habe, verneinte der Kläger. Die Vorstandsvorsitzende äußerte, dass seine Sprache und sein Gang durchaus Rückschlüsse auf gesundheitliche Einschränkungen zuließen. Der Kläger schilderte private Probleme; er stehe kurz vor der Insolvenz und habe oft Existenzangst; deswegen trinke er auch Alkohol.
In der Folge legte er Laborbefunde vor, aus denen der Vorstand der Beigeladenen zu 7. auf regelmäßigen Alkoholkonsum schloss. Außerdem erreichte ihn ein Schreiben des H. Klinikums M. Hierin listeten mehrere Arzthelferinnen sogenannte Vorkommnisse während des ärztlichen Notdienstes des Klägers auf und berichteten, er sei “meistens alkoholisiert„.
Daher fand ein weiteres Gespräch zwischen Kläger, Vorstandsvorsitzender und einer weiteren Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 7.) im Januar 2015 statt. Der Kläger bestritt, unter Alkoholeinfluss gestanden zu haben. Im Laufe des Gesprächs wurde ihm angeraten, das Ruhen seiner Zulassung zu beantragen, bis er ein entsprechendes Behandlungsprogramm abgeschlossen habe. Aus dem Notdienst wurde er vorerst herausgenommen. Er wurde darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 7.) sich gezwungen sehe, eine Zulassungsentziehung zu beantragen bzw. seine Eignung als Vertragsarzt prüfen zu lassen, falls er nicht selbst entsprechend agiere.
Im März 2015 stellte er sich in der Beratungskommission Sucht der Landesärztekammer vor. Den anwesenden Ärzten wurde nicht eindeutig klar, ob “die offensichtlichen neurologischen Auffälligkeiten (ataktischer Gang, bulbäre, intermittierend diskret lallende Sprache) auf eine vorliegende Intoxikation (Alkohol, Benzodiazepine, Opiate) oder neurologische Grunderkrankung zurückzuführen„ seien. Dem Kläger wurde zunächst die Durchführung einer neurologischen Diagnostik angeraten.
Unter Bezugnahme auf den Bericht des Suchtausschusses beantragte die Beigeladene zu 7.) bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte in Thüringen, die Geeignetheit des Klägers als Vertragsarzt zu überprüfen.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte in Thüringen führte am 12. Mai 2015 eine mündliche Verhandlung dazu durch. Hier berichtete der Kläger, dass ihm von Prof. Dr. A. (U.klinikum J., Klinik für Neurologie) vorgeschlagen worden sei, er solle sich in die Schwindelambulanz nach J. begeben. Nach den dort vorgenommenen Testungen sei festgestellt worden, dass die Ergebnisse unauffällig seien, die Vermutung, dass er alkoholabhängig sei, sei verneint worden.
Der Zulassungsausschuss traf keine Entscheidung, sondern beauftragte den Kläger, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten auf eigene Kosten erstellen zu lassen. Der Kläger durfte zunächst als Vertragsarzt weiterhin tätig sein.
In der Folge teilte die Landesärztekammer der Beigeladenen zu 7.) mit, dass eine weitere Diagnostik im U.klinikum J. erfolgt sei. Aus dem von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. A. unterschriebenen Bericht des U.klinikums J. vom 5. Mai 2015 ergibt sich, dass der Kläger sich dort am 23. März ambulant und am 16. April und 17. April 2015 tagesklinisch im Schwindelzentrum vorgestellt hatte. Eine neuropsychologische Testung hatte “ein demenzielles Syndrom vom Grad einer leichten Demenz„ ergeben. Das Defizitmuster spreche “für eine gemischte, kortikale und subkortikale Pathologie, jedoch mit einer dominanten amnestischen und frontal-subkortikalen Komponente„. Eine Verlaufskontrolle wurde empfohlen.
Am 10. Mai 2016 führte der Vorsitzende des Zulassungsausschusses eine weitere Verhandlung durch. Der Kläger wurde auf den Bericht des U.klinikums angesprochen. Er gab an, es sei ein Gespräch geführt worden, in dem aber die genaue Genese seiner Schwindelattacken nicht so eindeutig habe festgestellt werden können. Angesprochen auf di...