Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung von Krankenhausleistungen nach dem DRG-System. Abrechnung von Fallpauschalen bei Verlegung. Fallzusammenführung nur bei noch nicht abgeschlossener medizinischer Behandlung

 

Orientierungssatz

Bei der gebotenen Auslegung führt § 3 Abs 3 S 1 FPV 2005 (juris: KFPV 2005) iV mit § 1 Abs 1 S 4 FPV 2005 nur dann zu einer Fallzusammenführung, wenn zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus die erforderliche medizinische Behandlung für den Versicherten noch nicht abgeschlossen ist.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.477,41 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung in Höhe von 5.477,41 Euro streitig.

Die bei der Beklagten versicherte L. R. (geb. am 12. Oktober 1921 - im Folgenden: Versicherte) war in der Zeit vom 25. August bis zum 17. September 2005 in einem von der Klägerin betriebenen und in den Krankenhausplan des Freistaats Thüringen aufgenommenen Krankenhaus vollstationär untergebracht. Vorher war die Versicherte vom 4. August bis 25. August 2005 im Kreiskrankenhaus A. aufgrund eines Hirninfarkts stationär behandelt worden. Von dort wurde sie in das Krankenhaus der Klägerin planmäßig verlegt und am 17. September 2005 um 9.00 Uhr nach Hause entlassen. Um 13.50 Uhr des gleichen Tages wurde die Versicherte nach einem Sturz mit einer Fraktur des rechten Oberschenkels ins Kreiskrankenhaus Altenburg aufgenommen. Am 19. September 2005 erfolgte planmäßig eine Verlegung zur Operation in die Orthopädische K. E. und von dort am 5. Oktober 2005 in das Krankenhaus der Klägerin zur rehabilitativen Behandlung (Zustand nach operativer Versorgung einer Fraktur des rechten Oberschenkels). Am 3. November 2005 wurde sie nach Hause entlassen. Für den Aufenthalt vom 25. August bis 17. September 2005 stellte die Klägerin der Beklagten am 22. November 2005 4.693,65 Euro (Fallpauschale G-DRG B 44Z, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems) und einen Tag später für den Aufenthalt vom 5. Oktober bis 3. November 2005 5.477,41 Euro (Fallpauschale G-DRG I 41Z, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen am Muskelskelettsystem und Bindegewebe) in Rechnung.

Die Beklagte glich am 14. Dezember 2005 nur die Rechnung über 5.477,41 Euro vorläufig aus. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 verlangte sie eine Neueinstufung in eine Fallpauschale gemäß § 3 Abs. 3 der Fallpauschalenverordnung (FPV) in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Satz 1 - 5 FPV, forderte eine neue Rechnung an und teilte mit, den bereits gezahlten Betrag von einer der nächsten Rechnungen einzubehalten. Dies geschah in der Folgezeit.

Am 29. Dezember 2008 hat die Klägerin Zahlungsklage auf Ausgleich beider Rechnungsbeträge erhoben. Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte den Rechnungsbetrag in Höhe von 4.693,65 Euro für den ersten Aufenthalt der Versicherten am 5. Februar 2009 ausgeglichen. Insoweit ist der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden.

Das SG hat ein Gutachten von Dr. H. eingeholt. Diese kommt in ihrem Gutachten vom 28. Februar 2010 zu dem Ergebnis, dass von einer kombinierten Fallzusammenführung nicht gesprochen werden könne. Am Entlassungstag, am 17. September 2005, sei die Behandlung der Versicherten abgeschlossen gewesen. Beim Heimfahren sei diese so unglücklich gestürzt, dass es zu einer rechtsseitigen Oberschenkelfraktur gekommen sei. Da Ursache für den erneuten Krankenhausaufenthalt eine völlig anders geartete Erkrankung gewesen sei, könne nicht von einer Verlegung im Sinne der FPV ausgegangen werden. Eine Fallzusammenführung sollte nicht vorgenommen werden, weil es sich um zwei völlig voneinander unabhängige Hauptdiagnosen der geriatrischen Behandlung gehandelt habe. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 11. September 2010 hat die Sachverständige ausgeführt, dass von keiner Rückverlegung im Sinne der Fallpauschalenverordnung ausgegangen werden könne. Bei zwei verschiedenen Erkrankungen sei eine Fallzusammenführung nicht gegeben.

Das SG hat mit Urteil vom 13. Januar 2011 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.477,41 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 15. Dezember 2005 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die beiden bei der Versicherten nacheinander erfolgten vollstationären Behandlungsfälle als getrennte Behandlungsfälle abzurechnen seien. Die Möglichkeit der kombinierten Fallzusammenführung bestehe nicht. Es liege keine Wiederaufnahme im Sinne von § 2 FPV 2005 vor. Auch eine Rückverlegung im Sinne von § 3 Abs. 3 FPV 2005 sei nicht gegeben. Sinn der Regelung sei, dass ein Krankenhaus einen Versicherten nicht entlassen solle, o...

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