Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Monatsbetrags der Rente. Beitrittsgebiet. Bildung von persönlichen Entgeltpunkten Ost und einem aktuellen Rentenwert Ost. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet in den §§ 254b, 255a, 255b SGB 6 waren zum 1.7.2004 nicht verfassungswidrig, denn die ungleiche Ausgestaltung der subjektiven Rechte der Versicherten und Rentner im Beitrittsgebiet waren im Hinblick auf die unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet gerechtfertigt. Die Ungleichbehandlung beruht auf einem vernünftigen Grund von hinreichendem Gewicht (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 23.9.2010 - L 33 R 1239/08 und LSG Erfurt vom 19.2.2009 - L 1 R 1007/07).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 25. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer höheren Regelaltersrente unter Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (West) anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost).
Der 1937 geborene Kläger verbrachte sein Erwerbsleben im Beitrittsgebiet. Mit Bescheid vom 20. Juli 2000 gewährte ihm die Beklagte ab 1. September 1999 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige. Seinen Antrag auf Berechnung mit Entgeltpunkten (West) vom 25. April 2002 lehnte sie mit Bescheid vom 29. Mai 2002 ab und wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 10. September 2002). Das Klageverfahren war erfolglos; die Revision gegen das Urteil des SG Altenburg vom 23. April 2004 (Az.: S 12 RA 1856/02) wies das BSG mit Urteil vom 14. März 2006 (Az.: B 4 RA 41/04 R) zurück. Die Beklagte habe das Gesetz auf einen zutreffend ermittelten Sachverhalt angewandt. Die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" seien am 20. Juli 2000 nicht verfassungswidrig gewesen.
Am 19. Juni 2006 beantragte der Kläger die Berechnung seiner Altersrente ab 1. Juli 2004 mit Entgeltpunkten (West). Nach seiner Ansicht ist der Angleichungsprozess zum Erliegen gekommen, da der Gesetzgeber die schrittweisen Rentenanpassungen nicht durchgeführt habe. Mit Bescheid vom 4. Juli 2006 lehnte die Beklagte eine Rücknahme nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab, weil im Bescheid vom 20. Juli 2000 das Recht nicht unrichtig angewandt worden sei. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2006 zurück.
Der Kläger hat Klage erhoben. In der Sitzung des Sozialgerichts Altenburg vom 25. Mai 2007 hat er zur Niederschrift erklärt, er stimme zu, dass sich die Einkommensverhältnisse von Beschäftigten in den neuen und alten Bundesländern zwischen 2000 und 2004 nicht nennenswert angeglichen haben. Der Gesetzgeber müsse aber die Angleichung der Lebensverhältnisse speziell bei Rentnern im Beitrittsgebiet aktiv betreiben, damit die Rentner im Beitrittsgebiet die gleichen Lebensverhältnisse erleben könnten. Die Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen und mit Beschluss vom 24. August 2007 die beantragte Sprungrevision nicht zugelassen.
Mit seiner am 3. Juli 2007 eingelegten Berufung trägt der Kläger vor, er erleide aufgrund der Teuerung eine Werteinbuße seiner Rente. Damit sei Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Dies sei nicht mehr marginal und zumutbar. Damit sei zu prüfen, ob die Funktion der Rente in ihrer Funktion als Alterssicherung gefährdet sei. Das unterschiedliche Rentenniveau Ost - West konterkariere das Angleichungsgebot des Einigungsvertrages. Insbesondere mache die Rentenerhöhung von 2007 deutlich, dass der Gesetzgeber den Rentenangleichungsprozess im Sinne des Einigungsvertrages aufgegeben habe. Dies verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das unterschiedliche Leistungsniveau der Renten West - Ost könne entsprechend dem Urteil des BVerfG vom 14. März 2000 (Az.: 1 BvR 284, 96; 1 BvR 1659/96) nicht länger hingenommen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 25. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Oktober 2006 zu verurteilen, für Bezugszeiten ab 1. Juli 2004 eine höhere Altersrente unter Zugrundelegung von persönlichen Entgeltpunkten (West) und des aktuellen Rentenwerts an Stelle des aktuellen Rentenwerts (Ost) festzustellen und ihm entsprechend höhere Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, der aktuelle Rentenwert (Ost) richte sich nicht nach dem Preisanstieg sondern nach den Löhnen und Gehältern im Beitrittsgebiet. Solange das Lohnniveau nicht das im Altbundesgebiet erreicht habe, bestehe kein Anspruch auf vorzeitige Angleichung im Beitrittsgebiet. Rentenanpassungen seien zudem nicht durch Art. 14 GG geschützt. Das Rentenniveau im Beitrittsgebiet habe sich von 2003 bis 2007 auf einem Wert von etwa 87,91 v.H. eingependelt. Gegenstand des Verfahrens sei allerdings nur die Angleichung des Rent...