Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Antrag auf Überprüfung von Bescheiden des Grundsicherungsträgers ohne Darlegung von Gründen. keine Nachbesserung im Klageverfahren
Orientierungssatz
1. Eine Prüfpflicht des Leistungsträgers wird nicht durch einen Überprüfungsantrag ausgelöst, der keine Anhaltspunkte für eine mögliche Rechtswidrigkeit der zu überprüfenden Bescheide benennt. Aufgrund oder aus Anlass des Antrags muss sich der Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund - Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll.
2. Es genügt nicht, wenn der Leistungsberechtigte eine Nachbesserung des bis dahin unbestimmten und nicht objektiv konkretisierbaren Antrags erst im Klageverfahren vornimmt. Für die Beurteilung, ob die formellen Erfordernisse eines solchen Antrags vorliegen, der überhaupt erst eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst, ist auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu diesem Überprüfungsantrag vorgetragenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Anhaltspunkte abzustellen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen des Überprüfungsverfahrens über die Rücknahme der Leistungsbewilligung und die Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 31. Juli 2007 in Höhe von insgesamt 12.735,86 Euro.
Die Klägerin stand seit Anfang 2005 im laufenden Leistungsbezug bei der Beklagten. Im Erstantrag gab sie an, freies Wohnrecht im Haus ihres Bruders zu haben. Sie sei nur an Betriebs- und Heizkosten sowie an den Kosten für Wasser und Strom beteiligt. Ebenfalls gab sie an, hinsichtlich Grundsteuer, Gebäudeversicherung und Instandsetzung zur Kostenbeteiligung herangezogen zu werden. Neben ihr und ihren beiden Pflegekindern wohnten in dem Haus ihres Bruders dieser selbst und die Mutter.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2005 sowie mit Bescheiden vom 6. Januar 2006, 5. Juli 2006 und 8. Januar 2007 wurden Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Jeweils wurden Unterkunftskosten i.H.v. 46,20 Euro monatlich berücksichtigt.
Im Juni 2007 erfuhr die Beklagte durch einen Hausbesuch ihrer Mitarbeiter, dass eine weitere Person (ein Herr K.) bei der Klägerin und ihrer Familie wohne. Dieser wurde in einem Aktenvermerk als Lebenspartner der Klägerin benannt. Eine eindeutige Trennung der Lebensbereiche sei wegen der räumlichen Enge nicht möglich.
Mit Schreiben vom 22. Juni 2007 hörte die Beklagte die Klägerin zur teilweisen Aufhebung der Leistungsgewährung an und forderte sie auf, Unterlagen des Herrn K. vorzulegen. Nach den von der Klägerin eingereichten Unterlagen ist Herr K. geschieden, er zahlt Unterhalt für seinen Sohn i.H.v. zunächst 249,00 Euro; ab September 2005 in Höhe von monatlich 125,00 Euro und ab August 2006 in Höhe von monatlich 85,00 Euro. Inhaltlich wurde vorgetragen, der Lebensgefährte beziehe ein Einkommen von 1.200,00 Euro und lege zur Arbeit eine einfache Fahrstrecke von 100 km zurück. Tatsächlich war das Grundgehalt zwischen 1.812,50 Euro und 1.905,00 Euro schwankend und wurde im laufenden Monat ausgezahlt. Zur Autofinanzierung fielen Raten i.H.v. 149,00 Euro im Mai 2007 an und danach monatlich 54,12 Euro. Die Kfz-Haftpflichtbeiträge lagen im 1. Quartal 2005 bei 98,77 Euro, ab dem 2. Quartal 2005 bei 94,19 Euro, im 1. Quartal 2006 bei 91,73 Euro und ab dem 2. Quartal 2007 bei 89,11 Euro.
Mit Bescheid vom 21. September 2007 hob die Beklagte die Bescheide vom 6. Januar 2006, 5. Juli 2006 und 8. Januar 2007 auf und forderte die für das 2. Halbjahr 2005 ausgezahlten Leistungen vollständig zurück (bezogen auf das 2. Halbjahr 2005 ist kein Bescheid aktenkundig). Bei der Berechnung der Leistungen legte die Beklagte monatliche Regelleistungen für die Klägerin und Herrn K. von jeweils 298,00 Euro bzw. ab Juli 2006 i.H.v. 311,00 Euro und für Juli 2007 von 312,00 Euro zugrunde. Bei den Unterkunftskosten wurden die nachgewiesenen Ausgaben auf Monate verteilt und zu 2/6 angerechnet. Vom nachgewiesenen Einkommen des Herrn K. zog die Beklagte die gesetzlichen Freibeträge von monatlich 180,90 Euro, die Versicherungspauschale, die Werbungskostenpauschale, die monatlichen Kfz-Haftpflichtbeiträge und Fahrtkosten von 38,00 Euro ab.
Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch trug die Klägerin vor, sie lebe nicht mit Herrn K. in “nichteheähnlicher„ Gemeinschaft.
Mit Schreiben vom 24. September 2007 wurde die Klägerin zur Höhe der Erstattungsforderung für Juli 2005 bis Juli 2007 angehört. 2.509,00 Euro seien für Regelleistungen und KdU zu erstatten, 3.226,86 Euro für Krankenversicherungsbeiträge, insgesamt 12.735,8...