Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenstützrente. MdE-Feststellung. MdE in Höhe von 10 vH. Außenruptur des Sprunggelenks

 

Orientierungssatz

1. Zur Nichtanerkennung einer Verletztenstützrente mangels Vorliegens einer MdE von mindestens 10 vH.

2. Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht nach § 128 Abs 1 S 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer sowie sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich.

3. Bei der Bewertung der MdE ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher maßgebend, sondern vielmehr der damit verbundene Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

4. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerung darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit des Verletzten auswirken, sind zwar nicht verbindlich, bilden aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE.

5. Darüber hinaus sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 4. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Stützrententatbestandes und damit eines Anspruches auf Zahlung einer Verletztenstützrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 10 von Hundert (v.H.).

Am 22. Juli 2005 stolperte der Kläger beim rückwärtigen Tragen einer Couch über eine Teppichfalte und knickte mit seinem linken Fuß nach außen um. Der am 30. Juli 2005 aufgesuchte D-Arzt diagnostizierte eine Verstauchung des linken oberen Sprunggelenks. Der von der Beklagten beauftragte Beratungsarzt H stellte einen Unfallzusammenhang der Beschwerden des Klägers mit dem Unfallereignis fest. Mangels eines Hinweises auf eine Instabilität sei jedoch von einer MdE von unter 10 v.H. auszugehen. Mit Bescheid vom 20. Juli 2006 erkannte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und als Folgen ohne wesentliche Funktionseinschränkung verheilte Außenbandrupturen im linken oberen Sprunggelenk (durch Bandnähte versorgt) an. Keine Folge des Arbeitsunfalls sei der Zustand nach offener Unterschenkelfraktur 1982, sowie eine mäßige Arthrose im linken unteren Sprunggelenk. Einen Anspruch auf Rente lehnte die Beklagte ab.

Unter dem 5. Februar 2008 machte der Kläger eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend und übersandt eine Epikrise des Unfallchirurgen F, der unter anderem eine verminderte Belastbarkeit des linken Fußes und Beines feststellte. In einem hieraufhin von der Beklagten eingeholten Sachverständigengutachten vom 16. Mai 2008 stellten Z und R eine mäßiggradige funktionelle Instabilität und eine endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung nach Komplettaußenbandruptur am linken unteren Sprunggelenk als Unfallfolgen fest. Die MdE schätzten sie auf 10 v.H. Dieser Einschätzung der MdE widersprach der Beratungsarzt der Beklagten, H (Einschätzung vom 10. Juni 2008). Es fehlten Zeichen eines Mindergebrauchs (keine Kalksalzminderung, Umfangswerte unter Berücksichtigung der Messfehlerbreite identisch), das obere Sprunggelenk zeige sich (mechanisch) stabil und bei den Messwerten von 10-0-40 ergebe sich schließlich eine MdE von weniger als 10 v.H. Sodann übersandte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19. Juni 2008 das Sachverständigengutachten und stellte als Unfallfolgen eine mäßiggradige Instabilität und endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung nach komplexer Außenbandruptur am linken oberen Sprunggelenk fest. Im Übrigen bliebe es bei den Feststellungen vom 20. Juli 2006.

Mit Schreiben vom 3. Januar 2011 begehrte der Kläger gegenüber der Beklagten Unterstützungsleistungen zum Erwerb eines Bus-Führerscheins. Die Beklagte veranlasste eine Heilverfahrenskontrolle bei H und zog neben dessen Bericht vom 20. Januar 2011 einen MRT-Bericht vom 10. Januar 2011 bei. Mit Bescheid vom 25. Januar 2011 teilte die Beklagte mit, dass wegen des Schreibens vom 3. Januar 2011 erneut überprüft worden sei, ob die Beschwerden im linken Fuß Fol...

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