Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütungsanspruch eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse. Verjährung. Geltung der Vierjahresfrist. grundsätzliche Zulässigkeit einer Abbedingung. Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen

 

Orientierungssatz

1. Grundsätzlich unterliegen Zahlungsansprüche zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen einer Verjährungsfrist von vier Jahren (vgl BSG vom 17.6.1999 - B 3 KR 6/99 R = SozR 3-1200 § 45 Nr 8 und vom 12.5.2005 - B 3 KR 32/04 R = SozR 4-2500 § 69 Nr 1).

2. Eine Abbedingung der vierjährigen Verjährungsfrist ist grundsätzlich zulässig.

3. Der Begriff der Verhandlungen iSv § 203 BGB ist zwar weit auszulegen, er setzt aber begrifflich Aktionen und Reaktionen auf beiden Seiten voraus.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 7. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Klageverfahrens zu 1/3, die Beklagte zu 2/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zur Zahlung von weiteren Behandlungskosten von 4.215,36 € verpflichtet ist.

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte I. K. (nachfolgend: Versicherte) wurde 2004 in der H. K. B., dessen Trägerin die Klägerin ist, stationär behandelt. Die Klägerin stellte hierfür Kosten von 8.130,97 € (Fallpauschale DRG ≪diagnosis related group≫ B42C) in Rechnung. Die Beklagte brachte diesen Betrag zunächst vollständig am 9. September 2004 zur Anweisung, der Geldeingang erfolgte bei der Klägerin am 14. September 2004.

Der medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) kam in einem Gutachten vom 10. Februar 2005 zu dem Ergebnis, dass nicht nach DRG B42C sondern nach DRG B71D hätte abgerechnet werden dürfen. Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 28. Februar 2005 auf, bis zum 14. März 2005 den überzahlten Betrag zu erstatten, da ansonsten ihrerseits eine Verrechnung erfolgen werde. Die Beklagte verrechnete den vollen Betrag von 8.130,97 € mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin, so dass dieser am 30. März 2005 nur ein reduzierter Betrag gutgeschrieben wurde. Die Beklagte informierte die Klägerin durch Zahlungsmitteilung vom 24. März 2005. Die Klägerin wiederum überwies am 24. März 2005 den Betrag von 4.766,98 € bezüglich der Behandlung der Versicherten an die Beklagte unter Vorbehalt zurück und legte gegen das MDK-Gutachten "Berufung" ein.

Am 12. September 2007 erfolgte auf dem Konto der Klägerin eine Gutschrift der Beklagten für die Behandlung der Versicherten in Höhe von 4.766,98 €. Es ist nicht mehr feststellbar, warum diese Überweisung erfolgt ist.

Die Klägerin erhob zunächst beim Sozialgericht Berlin (Eingang 29. Dezember 2008) Klage gegen die AOK plus auf Zahlung von 8.130,97 € für die Behandlung der Versicherten. Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2009 (Eingang 2. Februar 2009) hat die Klägerin ihre Klage dahingehend geändert, dass sie sich nunmehr gegen die Beklagte richten soll. Das Sozialgericht Berlin hat den Rechtstreit mit Beschluss vom 20. März 2009 an das Sozialgericht Gotha verwiesen.

Die Beklagte hat in der Folge bei dem MDK ein weiteres Gutachten eingeholt, wonach nicht nach DRG B71D sondern nach DRG I69Z hätte abgerechnet werden dürfen. Sie hat nunmehr am 3. November 2009 einen Betrag von 4.766,98 € mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin verrechnet, so dass dieser am 6. November 2009 nur ein reduzierter Betrag gutgeschrieben wurde. Die Beklagte hat der Klägerin am 17. November 2009 3.915,61 € für die Behandlung der Versicherten überwiesen. Der Betrag wurde am 25. November 2009 gutgeschrieben.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2009 hat die Klägerin den noch offenen Betrag von 4.215,36 € für die Behandlung der Versicherten und einen Betrag von 4.766,98 € für die Verrechnung vom November 2009 geltend gemacht, insgesamt also 8.982,34 € nebst Zinsen. Das Sozialgericht Gotha hat die Klage mit Urteil vom 7. Dezember 2009 unter anderem mit der Begründung abgewiesen, dass die Forderungen verjährt seien.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Entscheidung des Sozialgerichts. Sie ist insbesondere der Ansicht, dass die 2005 entstandene Forderung nicht verjährt sei. Die Verjährungsvorschrift des § 13 Abs. 5 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (nachfolgend: Sicherstellungsvertrag) sei nicht einschlägig, da es sich hier nicht um eine Forderung, sondern um eine Erstattungsforderung handele. Darüber hinaus habe die Verwaltungsleitung erst 2007 von der Verrechnung vom 30. März 2005 Kenntnis erhalten, so dass die Verjährung erst dann begonnen habe. Auch sei die Verjährung gehemmt, weil durch die Zahlung unter Vorbehalt und der "Berufung" gegen das MDK-Gutachten ein Verhandeln gegeben war. Letztlich sei die Vorschrift des § 13 Abs. 5 Sicherstellungsvertrags nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 112 Abs....

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