Leitsatz (amtlich)
Sind im Insolvenzverfahren des OHG-Gesellschafters die Gesamtsozialversicherungsbeiträge inkl. Umlage, Säumniszuschlägen und Mahngebühren angemeldet und zur Tabelle festgestellt worden, so sind damit nicht zwangsläufig auch Ansprüche gegen ihn persönlich aus unerlaubter Handlung (Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung) umfasst.
Die Verjährungsfrist der Ansprüche aus unerlaubter Handlung ist damit auch nicht zwangsläufig unterbrochen.
Verfahrensgang
LG Meiningen (Beschluss vom 21.12.2006; Aktenzeichen 1 O 1079/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des LG Meiningen vom 21.12.2006 abgeändert:
Dem Beklagten wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt.
Zur Wahrnehmung seiner Rechte in diesem Rechtszug wird ihm Rechtsanwalt Hoffmann aus Zella-Mehlis beigeordnet.
Zugleich wird angeordnet, dass der Beklagte auf die entstandenen und noch entstehenden Gerichts- und Rechtsanwaltskosten aus dem Einkommen monatliche Raten i.H.v. 60 EUR, zahlbar am 15. eines Monats, erstmals am 15.4.2007, an die Staatskasse zu leisten hat.
Gründe
I. Der Beklagte beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen einen von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlichen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Ziffer A. des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt, dass die Klägerin in der Anmeldung ihre Forderung als Gesamtsozialversicherungsbeiträge, also Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile, bezeichnet und darüber hinaus Umlagebeiträge, Säumniszuschläge und Mahngebühren geltend gemacht hat. Desweiteren heißt es in der Anmeldung: "Wegen unserer Ihnen gegenüber o. b. Beitragsforderung werden Säumniszuschläge i.H.v. 1 v.H. pro Monat (= 1.774 DM) ab dem Insolvenzzeitpunkt festgesetzt. Dies gilt insoweit als Bescheid gem. §§ 31, 37 SGB X." Zur Insolvenztabelle festgestellt wurde die Forderung als "Beiträge, Säumniszuschläge und Kosten. Außerdem wurde vermerkt: "Gesamtschuldnerische Mithaftung der weiteren OHG-Gesellschafter."
Das LG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Prozesskostenhilfe schon deshalb zu verweigern sei, weil der Beklagte entgegen seiner prozessualen Wahrheitspflicht aus § 138 ZPO vorsätzlich falsche Angaben gemacht habe. Entgegen seiner Angaben sei eines der gegen ihn geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO nicht mangels Tatverdacht, sondern aufgrund einer Doppelverfolgung eingestellt worden. Unabhängig davon fehle es aber auch im Übrigen an einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung.
Hiergegen hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass ihm vorsätzlich falsche Angaben nicht vorgeworfen werden könnten. Außerdem erhebt er die Einrede der Verjährung.
In seinem Nichtabhilfebeschluss vom 16.1.2007 führt das LG hinsichtlich der Verjährungseinrede aus, dass diese nicht greife. Unstrittig sei die dem Feststellungsanspruch zugrunde liegende Forderung der Klägerin zur Insolvenztabelle festgestellt. Die Feststellung der Forderung sei nicht bestritten worden. Damit sei hinsichtlich dieser Forderung nach §§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 InsO bezüglich Bestand und Forderungshöhe Rechtskraftwirkung gegen den Beklagten eingetreten.
II. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die beabsichtigte Rechtsverteidigung hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es ist über eine zweifelhafte Rechtsfrage zu entscheiden. Über eine solche vorweg zu entscheiden, ist nicht Zweck des Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens (vgl. Zöller, ZPO, 25. Aufl., Rz. 21 m.w.N.).
1. Zwar greifen die Einwendungen des Beklagten nicht, soweit er das Entstehen eines Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB bestreitet.
Er ist gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 StGB als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft strafrechtlich verantwortlich. Seine Behauptung, nach der internen Aufgabenaufteilung innerhalb der Gesellschaft habe er mit buchhalterischen Angelegenheiten der OHG nichts zu tun gehabt, ändert hieran nichts. Interne Zuständigkeitsregelungen in der Geschäftsleitung können zwar die straf- und haftungsrechtliche Verantwortlichkeit nach innen und außen beschränken. Hinsichtlich eines von mehreren Geschäftsführern einer GmbH ist jedoch anerkannt, dass dem nicht betroffenen Geschäftsführer in jedem Fall gewisse Überwachungspflichten verbleiben, die ihn zum Eingreifen veranlassen müssen, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben - insb. das Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen - durch den zuständigen Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet ist (BGH v. 15.10.1996 - VI ZR 319/95, GmbHR 1997, 25 = AG 1997, 37 = MDR 1997, 151 = NJW 1997, 130 ff.; 2001, 969 ff.). Nichts anderes kann für den vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Personengesellschaf...