Leitsatz (amtlich)
Die rechtskräftige Feststellung einer Beitragsforderung zur Insolvenztabelle 2001 enthält nicht zwangsläufig die Titulierung einer Schadensersatzforderung wegen Beitragshinterziehung gegen den Geschäftsführer. Es kommt vielmehr auch nach altem Recht darauf an, wie die Forderung bei ihrer Anmeldung bezeichnet wurde. Der Geschäftsführer ist nicht gehindert sich im Rahmen der erst 2006 erhobenen Feststellungsklage auf Verjährung zu berufen.
Normenkette
InsO a.F. § 174 Abs. 2; ZPO §§ 253, 322; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266a
Verfahrensgang
LG Meiningen (Urteil vom 04.05.2007; Aktenzeichen 1 O 1079/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Meiningen vom 4.5.2007, Az 1 O 1079/06, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren des Beklagten festgestellte Forderung der Klägerin gegen den Beklagten wegen nicht abgeführter Arbeitnehmeranteile zu den Sozialversicherungsbeiträgen auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Meiningen vom 4.5.2007.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Es hat festgestellt, dass die in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten für die Klägerin festgestellte Forderung in Höhe der nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in einem Umfang von 38.738,39 EUR auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe, weil die Voraussetzungen des § 266a StGB vorliegen würden. Das LG ist der Ansicht, dass sich der Beklagte nicht mehr auf Verjährung berufen könne. Verjährung sei im April 2000 eingetreten. Aber die erfolgte Forderungsfeststellung durch Tabelleneintrag, die wie ein rechtskräftiges Urteil wirke, führe dazu, dass sich der Beklagte auf Grund der Rechtskraft des Urteils nicht mehr auf Verjährung berufen könne. Durch Anmeldung der "Gesamtsozialversicherungsbeiträge" zur Insolvenztabelle sei auch der Schadensersatzanspruch angemeldet und zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Bei der Anmeldung zur Forderung zur Insolvenztabelle erfolge dies in der Regel nicht in einer der Klage i.S.v. § 253 ZPO entsprechenden Art und Weise, sondern oftmals nur in knapper Form. Auch der Tabellenauszug werde nicht - wie bei einem Urteil erkennbar - auf einer bestimmten Anspruchsgrundlage gestützt. Insofern sei bei der Bestimmung des geltend gemachten Lebenssachverhalts besondere Vorsitz geboten. Der geltend gemachte Anspruch sei nach Grund und Höhe durch die Feststellung zur Insolvenztabelle erfasst. Die Pflicht zur Darlegung von Tatsachen, dass sich die Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ergebe, sei erst mit dem Insolvenzänderungsgesetz vom 26.10.2001 eingeführt worden und gelte nur für die ab dem 1.12.2001 eröffneten Verfahren. Hier sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten jedoch bereits mit Beschluss vom 10.5.2001 eröffnet worden. Hier müsse nach § 174 Abs. 2 InsO a.F. bei der Anmeldung nur der Grund und der Betrag der Forderung angegeben werden. Die ursprüngliche Insolvenzordnung habe kein Instrument enthalten, mit dem frühzeitig festgestellt werden konnte, ob eine Forderung des Gläubigers aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung stamme und damit unter die Restschuldbefreiung falle. Wegen der weiteren Ausführungen des Erstgerichts wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des LG Meiningen.
Gegen dieses dem Beklagten am 11.5.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 29.5.2007, eingegangen am 31.5.2007 Berufung eingelegt und diese am 28.6.2007 begründet.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass das LG auf Grund falscher
Rechtsanwendung zu dem Ergebnis komme, dass die Forderung der Klägerin nicht verjährt sei. Bezüglich der Rechtskraftwirkung würden die allgemeinen Grundsätze zu § 322 ZPO gelten. Im Falle einer Anspruchskonkurrenz ergreife die Rechtskraft all diese Ansprüche, soweit sie aus dem vorgetragenen Sachverhalt zur Begründung der geltend gemachten Rechtsfolge hergeleitet werden. Anders sei es jedoch bei einer wesentlichen Unterscheidung des vorgetragenen Lebenssachverhalts. Diese Grundsätze seien auch bei einer Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle nach § 178 Abs. 3 InsO zu berücksichtigen. Das LG habe in seiner Entscheidung die Tatsache nicht gewürdigt, dass ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB zusätzlich zu der sozialakzessorischen Haftung persönliche Schuld voraussetze.
Vorliegend hafte der Beklagte hinsichtlich der nicht abg...