Leitsatz (amtlich)
1. Ist eine nach § 9 Abs. 1 S. 1 GBBerG kraft Gesetzes entstandene beschränkte persönliche Dienstbarkeit bis zum 31.12.2010 weder im Grundbuch eingetragen noch die Eintragung beantragt und auch kein Widerspruch nach § 899 BGB für den Berechtigten eingetragen, wird der gutgläubige Erwerber, dessen Eintragungsantrag nach diesem Stichtag eingegangen ist, durch § 892 Abs. 1 BGB geschützt.
2. Handelt es sich um Grundstücksbelastungen, mit denen nicht ein einzelner Miteigentumsanteil isoliert, sondern nur das Grundstück insgesamt belastet werden kann, führt das Erlöschen der Dienstbarkeit an dem Miteigentumsanteil - gleich aus welchen Gründen - zum Erlöschen der Dienstbarkeit insgesamt. Ein solcher Miteigentumsanteil kann gutgläubig lastenfrei erworben werden (a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 25.1.2010 - 3 W 246/09).
Normenkette
GBO § 22; GBBerG § 9; BGB §§ 892, 1018, 1090; WGV § 4
Verfahrensgang
AG Gotha (Beschluss vom 31.05.2011; Aktenzeichen Blatt 13382) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG - Grundbuchamt - Gotha vom 31.5.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligt zu 1 zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 2 bis 32 sind die in den im Betreff bezeichneten Wohnungsgrundbüchern eingetragenen Eigentümer. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben ihr Eigentum (Wohnungsgrundbuch ...) auf Grund einer mit notarieller Urkunde des Notars Dr. D. in G. vom 18.11.2010 erklärten Auflassung erworben. Der Eintragungsantrag des Notars ging am 3.3.2011 beim Grundbuchamt ein; die Eintragung der Beteiligten zu 2 und 3 als Eigentümer erfolgte am 4.3.2011. Nach Ziff. 2b) Abs. 2 der notariellen Urkunde wies der Notar auf die Möglichkeit hin, dass an dem Grundstück gem. § 9 GBBerG auch ohne Grundbucheintragung beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, insbesondere Leitungsrechte für bestimmte Ver- und Entsorgungsleitungen, bestehen könnten. Der Verkäufer erklärte, ihm sei das Bestehen derartiger Anlagen nicht bekannt; er übernehme hierfür aber keine Garantie.
Die Beteiligte zu 1 hat mit Schreiben vom 16.3.2011, beim Grundbuchamt wohl am 24.3.2011 eingegangen (der in den Grundakten befindliche Antrag trägt keinen Eingangsvermerk), die Berichtigung der Wohnungsgrundbücher durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit unter Bezugnahme auf die Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung des Landesamts für Bau und Verkehr, Bescheinigungsstelle für Versorgungsleitungen, Außenstelle Sonneberg vom 20.12.2010 beantragt.
Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag mit Beschluss vom 31.5.2011 zurückgewiesen. Die Dienstbarkeit könne im Wege der Grundbuchberichtigung auf der Grundlage der vorgelegten Anlagenrechtsbescheinigung nicht mehr eingetragen werden, weil durch die Eintragung der Beteiligten zu 2 und 3 ein Fall des gutgläubigen Wegerwerbs vorliege. Die Dienstbarkeit könne auch nur in allen Wohnungsgrundbüchern eingetragen werden.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie meint, ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Auflassung zu einem Zeitpunkt erklärt wurde, an dem § 892 BGB bezüglich der hier betroffenen Dienstbarkeiten noch nicht galt.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt. Für den gutgläubigen Erwerb komme es auf den Zeitpunkt der Eintragung, nicht aber auf denjenigen der Auflassung an. Der Senat hat den Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme, insbesondere auch zu der im Verfahren vor dem Grundbuchamt nicht problematisierten Rechtsfrage des gutgläubigen Erwerbs ideeller Miteigentumsanteile bei Gesamtbelastung des Grundstücks, eingeräumt. Die Beteiligte zu 1 wiederholt ihre Rechtsansicht. Die sonstigen Beteiligten haben sich in der Sache überwiegend nicht geäußert; die Beteiligte zu 4 stimmt der Eintragung zu.
II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Dabei geht der Senat davon aus, dass sich der angefochtene Beschluss entgegen der Überschrift (Grundbuchsache G. Blatt ...) auf sämtliche im Betreff genannten Wohnungsgrundbücher bezieht, weil das Grundbuchamt den Antrag, der seinerseits alle Wohnungsgrundbücher umfasst, ohne Einschränkungen zurückgewiesen hat und in der Begründung davon ausgegangen ist, dass der Antrag nur einheitlich behandelt werden kann. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das Grundbuchamt hat zu Recht angenommen, dass die beantragte Grundbuchberichtigung nicht erfolgen kann. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass das Grundbuch im Hinblick auf die nicht eingetragene persönliche Dienstbarkeit für die Beteiligte zu 1 nicht unrichtig ist, weil die Beteiligten zu 2 und 3 ihren Miteigentumsanteil an dem Grundstück insoweit nach § 892 Abs. 1 BGB gutgläubig lastenfrei erworben haben. Das hat zum Erlöschen der Dienstbarkeit am gesamten Grundstück geführt.
1. Das Grundbuch...