Verfahrensgang
AG Suhl (Entscheidung vom 12.01.2005) |
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Suhl vom 12.01.2005 wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Suhl zurückverwiesen.
Gründe
I.
Durch Bußgeldbescheid vom 08.05.2003 verhängte die Bundesanstalt für Arbeit gegen den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 (a.F.), 2 Abs. 2a AEntG eine Geldbuße in Höhe von 500,00 EUR. Der Bußgeldbescheid wurde dem Betroffenen am 13.05.2003 zugestellt. Hiergegen legte der Betroffene am 22.05.2003 Einspruch ein.
Am 12.01.2005 verurteilte das Amtsgericht Suhl den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Pflicht, als Arbeitgeber in einem Betrieb, für den die Rechtsnormen eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Bauhaupt- bzw. -nebengewerbes gelten, Aufzeichnungen über Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers zu führen und diese für 2 Jahre aufzubewahren zu einer Geldbuße von 350,00 EUR.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 13.01.2003, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 27.04.2005 beantragt,
die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Durch Beschluss vom 02.05.2005 ist die Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen worden.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des Urteils vom 12.01.2005 und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
Das Amtsgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
"Der Betroffene ist Inhaber eines Elektrobetriebes, welcher Elektroinstallationen an Bauwerken vornimmt und mithin als Betrieb des Baunebengewerbes im Sinn der §§ 1 und 2 der Baubetriebeverordnung zu werten ist.
Als Inhaber dieses Betriebes hat er es im Zeitraum vom 01.03.2002 bis zum 30.04.2003 fahrlässig unterlassen, für den bei ihm angestellten Arbeitnehmer Seh., die in § 2 Abs. 2 a des ArbeitnehmerentsendeG vorgeschriebenen Aufzeichnung über Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeit zu führen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
Bei Prüfung des Betriebes des Betroffenen am 06.05.2003, hat die Bundesanstalt für Arbeit gem. § 304 folgende SGB 3, 107 SGB 4 und § 2 ArbeitnehmerentsendeG, konnten die geforderten Arbeitzeitnachweise nicht vorgelegt werden."
Das Urteil vom 12.01.2005 verletzt materielles Recht.
1.
Das Amtsgericht hat verkannt, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Aufbewahrung der in § 2 Abs. 2a AEntG geforderten Aufzeichnungen nicht vorliegen kann, wenn schon gegen die Pflicht zur Fertigung solcher Aufzeichnungen verstoßen worden ist. Denn eine Aufbewahrung setzt begriffsnotwendig voraus, dass etwas vorhanden ist, das aufbewahrt werden kann.
Zudem unterscheidet sich das Maß der Schuld in beiden Tatbestandsalternativen. Auch wenn in beiden Fällen eine Kontrolle der Einhaltung der vorgegebenen Mindeststandards vereitelt wird, setzt sich grundsätzlich derjenige Arbeitgeber dem größeren Schuldvorwurf aus, der Aufzeichnungen gar nicht erst fertigt, als ein Arbeitgeber, der zwar Aufzeichnungen gefertigt, diese aber in der Folge nicht oder nicht ausreichend lange aufbewahrt hat.
2.
Das Amtsgericht durfte den Betroffenen daher nicht wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Aufzeichnung und zugleich wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Aufbewahrung der Aufzeichnungen verurteilen. Vielmehr wäre es gehalten gewesen, zu prüfen und zu entscheiden, welche dieser Tatbestandsalternativen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 AEntG a.F. (der § 5 Abs. 1 Nr. 6 AEntG in der seit 01.08.2004 gültigen Fassung entspricht) i.V.m. § 2 Abs. 2a AEntG erfüllt ist, und die konkrete Schuld des Betroffenen festzustellen.
a)
Dass der Betroffene selbst keine eigenen Aufzeichnungen gefertigt hat, begründet dabei nicht per se einen Verstoß gegen § 2 Abs. 2a AEntG. Insoweit handelt es sich um keine höchstpersönliche Pflicht des Arbeitgebers. Vielmehr ist grundsätzlich auch eine Übertragung der Erfüllung dieser Pflicht auf Dritte (auch den betreffenden Arbeitnehmer) zulässig.
Bei der Einführung des § 2 Abs. 2a AEntG hatte der Gesetzgeber die Praxis im Baubereich vor Augen, in dem üblicherweise die Arbeitnehmer nach Stunden bezahlt werden. Die von den Arbeitnehmern täglich geleistete Arbeitszeit müsse - so die Erwägung des Gesetzgebers (BT-Dr 13/8994 S. 71) - daher ohnehin für die Lohnabrechnung festgehalten werden, so dass durch die Verpflichtung zur Führung von Arbeitszeitnachweisen eine nennenswerte zusätzliche Belastung der Arbeitgeber nicht eintrete. Dieser gesetzgeberischen Vorstellung liefe es jedoch zuwider, wenn § 2 Abs. 2a AEntG dahingehend ausgelegt würde, dass sich eine Delegierung der dortigen Pflichten von vorneherein verbietet. Denn üblicherweise wird die geleistete Arbeitszeit nicht vom Arbeitgeber höchstpersönlich erfasst, sondern von...