Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Kostentragungspflicht bei Klagerücknahme bei Wegfall des Klagegrundes vor Rechtshängigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 269 Abs. 3 ZPO fallen grds. dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits zur Last, wenn er seine Klage zurücknimmt.
2. Mit der Einfügung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO durch das 1. JMoG bestimmt sich die Kostentragungspflicht nach billigem Ermessen - unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes -, wenn der Klageanlass vor Rechtshängigkeit wegfällt. Unter Umständen können die Kosten danach auch dem Beklagten - aber nur dann - auferlegt werden, wenn er zur Klage Veranlassung gegeben hatte.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
LG Gera (Beschluss vom 20.04.2011; Aktenzeichen 4 O 1579/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Den Beschwerdewert setzt der Senat auf insgesamt 1.892,- EUR fest.
Gründe
I. Mit Klageschrift vom 20.12.2010 beantragte die Klägerin nach erfolgtem Rückkauf eines Fahrzeugs durch die Beklagte und Rückgabe des Fahrzeugs an diese am 04.02.2010 Zahlung des Ablösebetrags in Höhe von 9.603,79 EUR an die finanzierende Seat-Bank (entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen). Die Beklagte verweigerte zunächst die Zahlung unter Hinweis auf notwendige Reparaturen, woraufhin die Klägerin ihr mit Schreiben vom 22.02.2010 eine Frist zur Zahlung bis zum 08.03.2010 einräumte. Auf ein Schreiben der Seat-Bank vom 27.04.2010, in dem der Beklagten der Rückkaufpreis mitgeteilt wurde, überwies die Beklagte schließlich am 17.06.2010 den (Klage)Betrag an die Seat-Bank.
Auf die Einlassung der Beklagten, sie habe gezahlt, nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.03.2011 ihre Klage zurück und stellte Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 2 (richtig: Satz 3) ZPO. Sie beruft sich darauf, von der Zahlung am 17.06.2010 nicht unterrichtet worden zu sein. Die Beklagte hat zu dem Kostenantrag dahingehend Stellung genommen, es sei Sache der Klägerin gewesen, sich vor der Klageerhebung kundig zu machen, da ihr bekannt gewesen sei, dass die Beklagte die Zahlung des Ablösebetrages vertraglich zugesichert habe.
Mit dem angefochtenen Beschl. hat das LG der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und dies damit begründet, es lägen keine Ausnahmegründe vor, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Es hätte vielmehr seitens der Klägerin Veranlassung bestanden, den Sachstand zu überprüfen. Der Beschl. wurde der Klägerin am 02.05.2011 zugestellt (EB Bl. 43b d.A.). Mit Schriftsatz vom 09.05.2011 - Eingang des Fax bei Gericht am 13.05.2011 - legt die Klägerin sofortige Beschwerde ein. Sie hält daran fest, es hätte aufgrund des Vertragsverhältnisses der Beklagten oblegen, sie von der Zahlung an die Seat-Bank zu unterrichten.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig; sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Nach § 269 Abs. 3 ZPO fallen grds. dem seine Klage zurücknehmenden Kläger die Kosten des Rechtsstreits zur Last. Bis zum ZPO-ReformG und der Änderung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO durch das 1. JMoG gab es hiervon keine Ausnahme. Erst durch die Einfügung des Abs. 3 Satz 3 durch die genannten Gesetze bestimmt sich die Kostentragungspflicht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes bei Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit. Eine Entsch. nach billigem Ermessen ist auch möglich, wenn die Erledigung (des Klageanlasses) schon vor Einreichung der Klage eingetreten ist (vgl. Zöller-Greger, ZPO-Komm., 28 Aufl. § 269 Rz 18d mit Hinw. auf OLG München OLGR 2004, 218; Elzer NJW 2002, 2008). Auch in diesem Fall bleibt die Auferlegung der Kosten auf den Beklagten jedoch die Ausnahme und muss besonders begründet werden.
Nach dem Sach- und Streitstand wäre die Klägerin vorliegend bei Aufrechterhaltung der Klage oder Klageänderung auf die Kosten unterlegen gewesen. Denn die Beklagte hatte lange vor der Klageerhebung den geforderten Betrag - entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen - an die Seat-Bank gezahlt. Die Klägerin wusste auch, dass die Beklagte hierzu vertraglich verpflichtet war. Daher kann auch aus der allgemeinen vertraglichen Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme und Treue eine darüber hinausgehende Nebenpflicht zur Mitteilung der erfolgten Zahlung an die Klägerin nicht zwingend abgeleitet werden. Vielmehr folgt der Senat der Auffassung des LGs, es hätte der Klägerin oblegen, sich bei der Bank zu erkundigen, ob gezahlt war, bevor sie Klage erhob. Dies gilt umso mehr, als zwischen der Aufforderung zur Zahlung - Februar 2010 - bis zur Klageerhebung 10 Monate vergangen waren. Es ist auch dem Senat nicht erklärlich, wieso die Klägerin nicht - nach Ablauf der Zahlungsfrist (März 2010) - zunächst noch einmal nachgefragt hat, ob in der Zwischenzeit, dh. nach Mitteilung des Ablösebetrages, die Beklagte ihrer vertraglichen Verpflichtung nachgekommen war.
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung bestand daher keine Klageveranlassung s...