Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Veräußerung von Einzelgegenständen (Grundstücken) durch einen Ehegatten (ohne Kenntnis des anderen)
Leitsatz (amtlich)
I. Nach § 1365 BGB sind grundsätzlich zustimmungsbedürftig nur solche Rechtsgeschäfte, durch die sich ein Ehegatte zur Verfügung über sein Vermögen im Ganzen verpflichtet.
II. Allerdings können auch Rechtsgeschäfte über Einzelgegenstände zustimmungspflichtig sein, wenn sie nahezu das ganze Vermögen ausmachen. Dies bedarf aber einer substantiellen Darstellung des Gesamtvermögens (des veräußernden Ehegatten) und des (diesem) verbleibenden Restvermögens, wobei hier - bezogen auf den Wert des Gesamtvermögens - unterschiedliche Grenzen gelten.
III. Nach heute h.M. enthält § 1365 BGB das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der positiven Kenntnis: Das heißt, der Dritte muss wissen, dass das Rechtsgeschäft über einen (Einzel)Gegenstand das ganze oder nahezu das ganze Vermögen (des Verfügenden) erfasst.
Zumindest muss er die Verhältnisse kennen, aus denen sich Rückschlüsse hierfür positiv ergeben.
Normenkette
BGB § 1365
Verfahrensgang
LG Meiningen (Beschluss vom 29.09.2009; Aktenzeichen 2 O 654/09) |
Tenor
Die Beschwerde wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
I. Die Klägerin ist die geschiedene Ehefrau des M. W., der mit notariellem Vertrag vom 27.2.2006 - URz. 211/2006 - des Notars M. S. während der Ehe insgesamt 4 Grundstücke in der Gemarkung M. und 4 weitere Grundstücke in der Gemarkung O. an den Beklagten veräußert hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde des genannten Notars Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet mit ihrer unter dem 7.7.2009 eingereichten Klage, sie habe von diesem Verkauf erst nach ihrer Scheidung am 18.4.2007 erfahren. Da diese Grundstücke jedenfalls wirtschaftlich nahezu das gesamte Vermögen ihres damaligen Ehemannes ausgemacht hätten, sie ferner mit diesem im gesetzlichen Güterstand verheiratet gewesen sei, sie im Übrigen nie ihre Zustimmung gem. § 1365 BGB erteilt habe, sei die Eigentumsübertragung der genannten Grundstücke an den Beklagten nicht wirksam geworden. Die Unwirksamkeit des Kaufvertrages erfasse auch das dingliche Rechtsgeschäft, weswegen vom Beklagten die Zustimmung zur GB-Berichtigung verlangt werde.
Der Beklagte ist der Klage - bereits aus Rechtsgründen - entgegen getreten und hat seinerseits substantiiert die Vermögensverhältnisses des Veräußerers über dessen Endvermögen unter Bezugnahme auf eine Auskunft vom 16.3.2007 - Anlage A 1 - vorgetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Anlage Bezug genommen. Aus der genannten Anlage ergibt sich, dass das von den Eheleuten zu Ehezeiten bewohnte Grundstück Meininger Straße in Suhl im hälftigen Miteigentum beider Eheleute stand, ebenso ein weiteres Grundstück Flur 99, Flurstück 112, sowie der Veräußerer weiteren Grundbesitz (3 weitere Grundstücke) in der Gemarkung Oberstadt in Alleineigentum besaß sowie über Geldguthaben, verschieden Pkw, verschiedene Motorräder, Waffen, Wohnanhänger, Erbanteile und einen Gewerbebetrieb verfügte.
In einer Stellungnahme auf die Einlassung des Beklagten räumte die Klägerin ein, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Rechtsgeschäft nicht um den einzigen Vermögensgegenstand des Veräußerers gehandelt habe. Sie verwies jedoch auf die im Rahmen des § 1365 BGB geltende Einzeltheorie und blieb dabei, die veräußerten Grundstücke hätten nahezu das gesamte Vermögen (des Veräußerers) ausgemacht. Nach der Veräußerung dieser Grundstücke sei dem Veräußerer nicht mehr als 15 % als Restvermögen geblieben. Der entgegen genommene Kaufpreis von 17.000 EUR sei weder ortsüblich, noch angemessen gewesen; wegen der mitverkauften bau- und umweltrechtlichen Genehmigungen (zum Betrieb einer Motorsportanlage) seien die Grundstück erheblich unter Wert verkauft worden. Dies habe der Beklagte auch erkennen können. Er habe gewusst, dass er vorliegend nicht nur Ackerland, sondern Grundstücke zum Betrieb einer Motorsportanlage erworben habe, deren Werthaltigkeit weit über das hinaus gegangen sei, was der Veräußerer sonst an Vermögen gehabt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des gegensätzlichen Parteivortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst eingereichter Anlagen Bezug genommen.
Das LG hat durch den entscheidenden Einzelrichter mit dem angefochtenen Beschluss vom29.9.2009 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und dies im Wesentlichen mit der fehlenden Substanz des Klägervortrags zum Gesamtvermögen und der Behauptung eines Restvermögens von 15 % begründet. Im Übrigen sei die beabsichtigte Klageerhebung auch mutwillig. Der Beschluss wurde der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 7.10.2009 zugestellt (EB Bl. 14a des PKH-Heftes). Die Klägerin hat unter dem 9.11.2009 - einem Montag - gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und diese - nach gewährter Fristverlängerung - unter dem 27.11.2009 begründet. Das LG ist bei seiner ablehnenden Entsche...