Leitsatz (amtlich)
1.
Die Dauer eines Hauptverhandlungstermins ist nicht das alleinige Kriterium für die Bemessung der Terminsgebühr. Namentlich dann, wenn die weiteren Bemessungskriterien nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG überdurchschnittlich sind und der Rechtsanwalt auch bei Fortsetzungsterminen einen überdurchschnittlichen Vorbereitungsaufwand auf die Hauptverhandlung hatte, welcher durch die Verfahrensgebühr für das Hauptverfahren nicht allein abgegolten werden kann, fällt die Kürze der Hauptverhandlung weniger schwerwiegend ins Gewicht.
2.
Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten für einen auswärtigen Rechtsanwalt.
Verfahrensgang
LG Erfurt (Entscheidung vom 06.08.2007) |
Tenor
1.
Dem Verurteilten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Landgerichts Erfurt vom 06.08.2007 gewährt
2.
Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Erfurt vom 06.08.2007 insoweit abgeändert, dass die dem Freigesprochenen aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 7.509, 67 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.04.2007 festgesetzt werden.
3.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird verworfen.
4.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer, jedoch wird die Gebühr um 1/6 ermäßigt. Im Umfang der Ermäßigung trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten und der Staatskasse.
5.
Der Beschwerdewert wird auf 4.502,76 EUR festgesetzt.
Gründe
Der freigesprochene und ehemalige Angeklagte PP ist in dem gegen ihn geführten Strafverfahren durch mehrere Verteidiger vertreten worden. Rechtsanwalt Sch. wurde vom Freigesprochenen am 23.01.2004 als Wahlverteidiger bevollmächtigt und war im gesamten Verfahren tätig. Rechtsanwalt R. aus O. vertrat den Freigesprochenen als Wahlverteidiger vom 19.01.2006 bis zum 23.06.2006. Schließlich wurde am 21.06.2006 Rechtsanwalt Dr. D. vom Freigesprochenen als weiterer Wahlverteidiger bevollmächtigt.
Der ehemalige Angeklagte PP wurde im Ergebnis der vor der 3. großen Strafkammer - Jugendkammer als Jugendschutzkammer - des Landgerichts Erfurt vom 15.06. bis 27.11.2006 durchgeführten Hauptverhandlung freigesprochen. In dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom 27.11.2006 sind der Staatskasse die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des ehemaligen Angeklagten auferlegt worden.
Mit Schriftsatz vom 11.04.2007 (Eingang beim Landgericht Erfurt am 16.04.2007) beantragte Rechtsanwalt Dr. D. namens und im Auftrag des Freigesprochenen die Festsetzung der notwendigen Auslagen des ehemaligen Angeklagten in Höhe von insgesamt 12.400,16E inkl. Reisekosten des Verteidigers Dr. D. zu 7 Hauptverhandlungsterminen, Übernachtungskosten, Post- und Telekommunikationskosten, Kosten für Fotokopien und 16% Umsatzsteuer sowie weiterhin Auslagen des Freigesprochenen. Insoweit wird auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 11.04.2007 verwiesen. Mit Schriftsatz vom 02.07.2007 wurde der Festsetzungsantrag hinsichtlich des Verdienstausfalls des Freigesprochenen abgeändert. Weiterhin legte der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. D. dem Gericht ein Schreiben von Rechtsanwalt Dr. Sch. vom 26.06.2007 vor, in dem dieser sein Einverständnis erklärt, dass Rechtsanwalt Dr. D. die Festsetzung seiner entstandenen Gebühren gegenüber der Staatskasse beantragt und dass er insoweit gegenüber der Staatskasse keine Ansprüche erheben wird.
Nach Stellungnahmen des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Erfurt hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Erfurt durch den angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.08.2007 die an den Beschwerdeführer zu erstattenden Kosten/notwendigen Auslagen auf insgesamt 6.794,24 EUR festgesetzt. Dabei wurden insbesondere die Mehrkosten durch die Wahl eines Verteidigers in Düsseldorf (Reisekosten, Tage- und Abwesenheitsgeld, Übernachtungskosten) nicht erstattet, mit der Begründung, die Wahl eines Verteidigers aus Düsseldorf sei nicht notwendig gewesen. Weiterhin erfolgten Absetzungen hinsichtlich der jeweils in Höhe der Wahlverteidigerhöchstgebühr geltend gemachten Terminsgebühren nach Nr. 4114 VV RVG. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.08.2007 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 24.08.2007, beim Landgericht Erfurt eingegangen an desein Tage, legte der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. h.c. Deckers für den früheren Angeklagten "Erinnerung" ein. Diese begründete er mit weiterem Schriftsatz vom 29.08.2007. Mit der "Erinnerung" macht er noch Gebühren und Auslagen in Höhe von 11.297 EUR geltend.
Unter dem 04.09.2007 beantragte die Bezirksrevisorin beim Landgericht Erfurt namens der Staatskasse, die als sofortige Beschwerde auszulegende Erinnerung als unzulässig, weil verfristet, zu verwerfen. Mit am 11.09.2007 abgesandtem Schreiben wurde Rechtsanwalt Dr. h.c. Deckers über diesen Antrag informiert. Mit Schriftsatz vom 23.10.2007, eingegangen beim Landgericht Erfurt am 24.10...