Leitsatz (amtlich)

Eine Berichtigung des Urteils gem. § 319 ZPO in Bezug auf die Kosten des Streithelfers ist dann möglich, wenn sich aus dem Urteil hinreichende Anhaltspunkte ergeben, dass das Gericht in seiner Entscheidung auch über die Kosten des Streithelfers entschieden hat.

 

Normenkette

ZPO § 101 Abs. 1, § 319 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Gera (Beschluss vom 29.12.2008; Aktenzeichen 3 O 941/07)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Gera vom 29.12.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

III. Wert der Beschwer: 4.850,08 EUR.

 

Gründe

1. Durch Urteil vom 23.7.2008 hat das LG die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Im Tenor wurden die Kosten des Streithelfers seinerzeit nicht erwähnt, jedoch hat das LG in den Gründen der genannten Entscheidung ausgeführt, dass die Kostenentscheidung auf "§ 91, 101 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ZPO" beruhe. Das Urteil wurde dem Streithelfervertreter am 29.7.2008 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 7.11.2008 beantragte der Vertreter des Streithelfers, das Urteil vom 23.7.2008 gem. § 319 Abs. 1 ZPO dahingehend abzuändern, dass dem Kläger auch die Kosten des Streithelfers auferlegt werden, nachdem der Streithelfervertreter bereits mit Schriftsatz vom 16.9.2008 einen entsprechenden Kostenfestsetzungsantrag gestellt hatte.

Durch Beschluss vom 29.12.2008 hat das LG den Tenor des Urteiles vom 23.7.2008 unter Punkt 2 dahingehend ergänzt, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streithelfers zu tragen habe. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass die Auslassung offensichtlich gewesen sei, da der Streithelfer als Partei im Rubrum aufgeführt sei und dem Kläger nach den §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO die Kostentragungspflicht obliege.

Gegen den ihm am 9.1.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.1.2009, am selben Tag bei Gericht eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass vorliegend für eine Berichtigung gem. § 319 ZPO kein Raum sei, da vorliegend eine gerichtliche Entscheidung über die Kosten des Streithelfers unterblieben sei. Eine solche Auslassung im Urteil könne nur im Wege der Urteilsergänzung nach § 321 ZPO erfolgen. Die diesbezügliche zweiwöchige Notfrist zur Beantragung sei vorliegend aber nicht eingehalten worden. Ein übergangener Anspruch im Urteil könne nicht nach § 319 ZPO berichtigt werden.

Das LG Gera hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 26.1.2009 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die gem. § 319 Abs. 3 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Das LG hat vorliegend völlig zu Recht das Urteil vom 23.7.2008 gem. § 319 Abs. 1 ZPO wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit durch den angegriffenen Beschluss vom 29.12.2008 berichtigt.

Zwar ist dem Kläger dahingehend zuzustimmen, dass Auslassungen und übergangene Ansprüche eines Beteiligten im Urteil nicht im Wege der Berichtigung nach § 319 ZPO in der Regel korrigiert werden können, jedoch gilt dies nur insoweit, als es sich nicht aus dem Urteil als solchen, d.h. Tenor und Entscheidungsgründe, ergibt, dass es eine offensichtliche Unrichtigkeit gewesen ist. Auch der Tenor eines Urteiles kann nach ganz einhelliger höchstrichterlicher Rechtsprechung dann im Wege des § 319 ZPO berichtigt werden, wenn es sich um eine offenkundige Unrichtigkeit handelt. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des Urteiles vom 23.7.2008 aber eindeutig, dass das LG Gera auch über die Kosten des Streithelfers entscheiden wollte und entschieden hat, da ansonsten die Erwähnung der Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO keinen Sinn machen würde. Da diese ausdrücklich auf die Kosten des Streithelfers abzielende Vorschrift in dem Urteil vom 23.7.2008 erwähnt wurde, hat das LG seinen Willen bei der Urteilsfällung hinreichend dokumentiert, so dass es sich bei der Formulierung des Tenors unter Ziff. 2 um eine offensichtliche Unrichtigkeit i.S.d. § 319 ZPO handelte, welche im Beschlusswege von Amts wegen berichtigt werden konnte. Die von dem Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung betraf allesamt Fälle, in denen dem Urteil - weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen - Anhaltspunkte dafür entnommen werden konnten, ob und wie das LG über die Kosten des Streithelfers befinden wollte. Da vorliegend aber in der Begründung der Kostenentscheidung ausdrücklich die Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO erwähnt wurde, finden sich vorliegend hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das LG tatsächlich bei der Fällung des Urteiles bereits über die Kosten des Streithelfers entscheiden wollte und entschieden hat (vgl. insoweit auch OLG Koblenz, Beschl. v. 17.4.2008 - 2 U 135/05; OLG Hamm NJW-RR 2000, S. 1524; OLG Rostock OLGReport Rostock 2007, S. 116).

Entgegen der Ansicht des Klägers fordert § 319 ZPO nicht, dass die Unrichtigkeit für jeden Außenstehenden, nich...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge