Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsorgevollmacht im Grundbuchverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Generalvollmacht kann als Vorsorgevollmacht auszulegt werden, wenn sie den Zweck, eine Betreuung in jeder Hinsicht entbehrlich zu machen, erfüllen kann.
2. Eine Auslegung der Urkunde als Vorsorgevollmacht scheitert nicht daran, dass die Beschränkung des Vollmachtnehmers im Innenverhältnis, von der Vollmacht erst bei Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit Gebrauch machen zu dürfen, in der Urkunde nicht verlautbart wurde. Eine solche Erklärung ist keineswegs zwingender Bestandteil der abstrakten, von dem dem Innenverhältnis zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu trennenden Vollmacht.
Normenkette
GBO § 29; BeurkG § 40; BtBG § 6
Verfahrensgang
AG G. (Aktenzeichen SU-404-13 AG G.) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - G. vom 28.2.2013, ergänzt durch Verfügung vom 19.3.2013, aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag nicht aus den Gründen der Verfügungen vom 28.2.2013 und vom 19.3.2013 zurückzuweisen.
Gründe
I. Mit notarieller Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 8.2.2013 verkauften die Beteiligten zu 1 und 2 an die Beteiligte zu 3 mehrere in den im Betreff bezeichneten Grundbüchern eingetragene Grundstücke bzw. Miteigentumsanteile. Die Beteiligten bewilligten bzw. beantragten die Eintragung von Auflassungsvormerkungen in den Grundbüchern. Für die Beteiligte zu 2 handelte Frau K. H. unter Vorlage einer durch das Landratsamt S., Betreuungsbehörde beglaubigten Vollmacht vom 25.11.2009. Der Beglaubigungsvermerk ist unterschrieben und mit dem Siegel der Behörde versehen. Die Vollmacht wird in der Überschrift der Urkunde sowie in einer weiteren Textstelle als Vorsorgevollmacht bezeichnet. Die Vollmachtnehmerin wird im Eingang der Urkunde zur Vertretung in sämtlichen Vermögens- und Rechtsangelegenheiten ermächtigt; auf Seite 1 findet sich folgende Regelung: "... Falls trotz dieser Vollmacht eine gesetzliche Vertretung (rechtliche Betreuung) erforderlich sein sollte, bitte ich, die oben bezeichnete Vertrauensperson als Betreuer zu bestellen ...". Die Vollmacht enthält sodann unter A. umfassende Regelungen zur Vertretungsmacht in Vermögensangelegenheiten, insbesondere wird die Vollmachtnehmerin zur Verwaltung des Vermögens der Beteiligten zu 2, zu beliebigen Verfügungen hierüber sowie zum Erwerb, der Belastung und Veräußerung von Vermögensgegenständen jeder Art ermächtigt. Unter B. sind persönliche Angelegenheiten (Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Unterbringung und sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahmen) geregelt; C. enthält eine Patientenverfügung. Nach Ziff. II der Urkunde soll sich das Innenverhältnis zwischen der Beteiligten zu 2 und der Vollmachtnehmerin nach Auftragsvorschriften richten.
Die Grundbuchrechtspflegerin beanstandete mit Zwischenverfügung vom 28.2.2013 die Form der Vollmacht. Es handele sich entgegen der Überschrift nicht um eine Vorsorgevollmacht, sondern um eine Generalvollmacht, aus der sich insbesondere nicht ergebe, dass ihre Verwendung zumindest im Innenverhältnis nur für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit erfolgen dürfe. Eine Beglaubigungszuständigkeit der Betreuungsbehörde sei daher nicht gegeben. Das Grundbuchamt gab dem Notar daher auf, den Vollmachtsnachweis in der Form des § 29 GBO zu führen, setzte hierfür eine Frist und kündigte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs die Zurückweisung des Eintragungsantrags an. Nach weiterem Schriftwechsel hielt das Grundbuchamt an dieser Forderung fest und verlängerte mit Verfügung 19.3.2013 die gesetzte Frist. Dagegen richtet sich die von dem verfahrensbevollmächtigten Notar eingelegte Beschwerde. Er meint, sowohl aus dem Wortlaut als auch dem Inhalt der Vollmacht ergebe sich, dass es sich um eine Vorsorgevollmacht handele; die Beglaubigungszuständigkeit der Betreuungsbehörde sei daher gegeben. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15.5.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt. Der Urkundsnotar hat sich zur Nichtabhilfeentscheidung geäußert; er wiederholt und vertieft seine bereits dem Grundbuchamt unterbreitete Rechtsauffassung.
II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügung, weil das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht besteht.
Die vorgelegte Vollmacht berechtigt ihrem Inhalt nach die Vollmachtnehmerin zur Bewilligung der Eintragung der Auflassungsvormerkungen; das stellt auch das Grundbuchamt nicht in Abrede. Sie wahrt auch die Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO. Die Streitfrage, ob eine durch die Betreuungsbehörde i.S.v. § 6 Abs. 2 BtBG beglaubigte Unterschrift auf Vorsorgevollmachten den Anforderungen des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO genügt, hat sich durch die Änderung der Vorschrift durch Art. 11 des Gesetzes vom 6.7.2009 (BGBl. I, 1696) erledigt (OLG Dresden NotBZ 2010, 409 f.). Der Beglaubigungsvermerk entspricht § 40 BeurkG. Entgegen der...