Verfahrensgang
LG Meiningen (Entscheidung vom 21.12.2005; Aktenzeichen 3 O 649/04) |
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 21.12.2005, 3 O 649/04, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis zum 31.01.2007 eingeräumt.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat nach Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert zudem keine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme zutreffend die aus dem Tenor ersichtlichen Feststellungen getroffen und der Leistungsklage stattgegeben. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe bleiben ohne Erfolg.
1.
Der unter I. ersichtliche Tenor stellt keinen Verstoß gegen § 308 Absatz 1 ZPO dar. Es handelt sich um ein Minus gegenüber dem klägerischen Antrag erster Instanz und nimmt Bezug auf den Wortlaut des § 21 VVG. Aus dessen Wortlaut geht auch hervor, dass es sich bei der bestehen bleibenden Verpflichtung des Versicherers gemäß § 21 VVG um ein Minus gegenüber dem Vollrecht des Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag handelt.
2.
Unerheblich ist, dass das Landgericht von einem Vertragsschluss am 01.09.2000 ausgegangen ist. Zwar war der Kläger verpflichtet, auch gefahrerhebliche Umstände anzuzeigen, die erst zwischen Antragstellung und Vertragsschluss auftreten oder bekannt werden. Fehlt allerdings ein deutlicher Hinweis auf die Pflicht zur Anzeige nach Antragstellung eingetretener Umstände, so liegt ein unverschuldeter Rechtsirrtum vor (Prölss/Martin-Prölss, VVG, 27. Auflage, §§ 16, 17 Rn. 15).
Im vorliegenden Fall sind schon Zweifel angebracht, ob der Hinweis im Antragsformular der Beklagten als deutlich anzusehen ist, auf jeden Fall aber verlangt die Beklagte lediglich " Jede bis zur Annahme des Antrags noch eintretende sowie jede vor Antragstellung eingetretene, aber erst bis zur Annahme des Antrags bekannt werdende nicht unerhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der zu versichernden Person (Gefahrerhöhung) werde ich anzeigen".
Verlangt der Versicherer für die Zeit nach Antragstellung die Anzeige nicht unerheblicher Gesundheitsverschlechterungen, so sind nur gesicherte Erkrankungen von einigem Gewicht anzuzeigen (Prölss/Martin-Prölss, a.a.O., Rn. 15).
Als Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht aber fest, dass die Hausärztin am 14.09.2000 lediglich einen Verdacht auf Polyneuropathie hatte, von dem Vorliegen einer gesicherten Erkrankung bei dem Kläger zu diesem Zeitpunkt keine Rede sein kann.
3.
Dem Landgericht ist auch kein Fehler unterlaufen, wenn es davon ausgeht, dass sich auf Grund der nachvertraglichen Mitteilung aus Januar 2001 jedenfalls eine Nachfrageobliegenheit ergeben hat, welche die Rücktrittsfrist des § 20 VVG in Gang gesetzt hat.
Nicht ersichtlich ist, dass der Kreis der Personen, durch die der Versicherung die Kenntnis erlangt, eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung liege nahe, beschränkt ist. Dass auch Nachfrageobliegenheiten bestehen, wenn dem Versicherer Kenntnisse von einer möglichen Anzeigepflichtverletzung nach Abschluss des Versicherungsvertrages vermittelt werden, ist anerkannt. So ist die Versicherung für eine ihr nach Vertragsschluss mitgeteilte wiederholte Behandlung wegen Proctocolitis für nachfragepflichtig gehalten worden, um abzuklären, ob sich der Zusatz "wiederholt" bereits auf das Jahr bezogen habe, in dem der Vertragschluss erfolgte, und ob dem Kläger in der Zeit vor Antragsannahme diese Diagnose bereits bekannt gewesen sei. In diesem Zusammenhang ist auch ausgesprochen worden, der Versicherer müsse Rückfragen halten, wenn sich ihm auf Grund vorliegenden Tatsachenmaterials aufdränge, dass ein Rücktrittsgrund vorliege (BGH NJW 1990, 47 f, zitiert nach [...]).
Nur so viel soll ergänzt werden: Wie oben bereits ausgeführt, war der Kläger bis zum Vertragsschluss nicht verpflichtet, irgendwelche Verdachtsmomente mitzuteilen. Dass der Kläger falsche Angaben bei Vertragsschluss gemacht hatte, ergibt sich aber bereits aus seinem Schreiben vom 14.09.2000. Für die Beklagte war damit klar, dass der Kläger Gefühlsstörungen in den Füßen nicht angegeben hatte. Diese waren aber anzugeben, da allgemein das Vorliegen von Gesundheitsstörungen im Antragsformular abgefragt worden ist.
Im übrigen kann auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden.
Eine nachvertragliche Mitteilungspflicht traf den Kläger nicht, denn § 23 VVG betrifft lediglich die Fälle willkürlicher Gefahrerhöhung.
4.
Eine Leistungsfreiheit unter dem Gesichtspunkt des § 6 VVG, auf den sich die Rechtsprechung zum Erfordernis, den wahren Sachverhalt aus eigenem Antrieb vollständig und unmissverständlich zu offenbaren und nichts zu verschleiern oder zurückzuhalten, bezieht, scheitert an d...