Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung, Entstehen der Terminsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Eine volle Terminsgebühr nach VV Nr. 3104 RVG fällt auch dann an, wenn das Gericht in einem Termin, in dem eine Partei nicht erschienen ist, mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei die Sach- und Rechtslage erörtert. Zur Glaubhaftmachung genügt die anwaltliche Versicherung.
Normenkette
ZPO §§ 103-104, 160, 294; RVG-VV Nr. 3104
Verfahrensgang
LG Meiningen (Beschluss vom 30.07.2014; Aktenzeichen 2 O 168/13) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Meiningen vom 30.7.2014 - 2 O 168/13, abgeändert:
Die nach dem Versäumnisurteil des LG Meiningen vom 5.6.2013 von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden, in dem Antrag vom 6.6.2013 berechneten Kosten werden auf 2.152,71 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.6.2013 festgesetzt.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 571,44 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe von Grundschuldbriefen geltend gemacht. In dem Termin zur Güteverhandlung bzw. Haupttermin am 5.6.2013 erschien für die Beklagte niemand. Ausweislich des Terminsprotokolls vom 5.6.2013 stellte der Klägervertreter die Anträge aus der Klageschrift und beantragte darüber hinaus den Erlass eines Versäumnisurteils, welches am 5.6.2013 antragsgemäß erlassen wurde. Danach hat die Beklagte u.a. die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Mit Antrag vom 6.6.2013 beantragte die Klägerin die Festsetzung der ihr entstandenen Kosten in einer Gesamthöhe von 2.152,71 EUR. Ausgehend von einem Streitwert i.H.v. 25.000 EUR verlangte die Klägerin eine Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3, eine Terminsgebühr i.H.v. 1,2 sowie Reisekosten und Tage- und Abwesenheitsgeld nebst Umsatzsteuer. Die Klägerin hat in Bezug auf die volle Terminsgebühr unter anwaltlicher Versicherung vorgetragen, in dem Termin vom 5.6.2013 sei die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Mit Beschluss vom 30.7.2013 setzte die Rechtspflegerin die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.493,21 EUR fest. Berücksichtigt wurden, ausgehend von einem Streitwert i.H.v. 25.000 EUR, eine Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3, eine Terminsgebühr i.H.v. 0,5, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer. Gegen den der Klägerin am 16.8.2013 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.8.2013 sofortige Beschwerde gegen die Absetzung der Reisekosten, des Tage- und Abwesenheitsgeldes sowie die Reduzierung der vollen Terminsgebühr ein. Mit Beschluss vom 17.12.2014 hat die Rechtspflegerin der Beschwerde teilweise abgeholfen, indem sie die beantragten Reisekosten sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld in einer Gesamthöhe von 88,06 EUR festsetzte. Im Übrigen hat die Rechtspflegerin an der reduzierten Terminsgebühr festgehalten und die sofortige Beschwerde dem OLG Jena zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, und die erforderliche Mindestbeschwer ist überschritten.
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Die Rechtspflegerin ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Terminsgebühr nach VV Nr. 3104 RVG nicht angefallen ist.
Eine volle Terminsgebühr nach VV Nr. 3104 RVG fällt auch dann an, wenn das Gericht in einem Termin, in dem eine Partei nicht erschienen ist, mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei die Sach- und Rechtslage erörtert (BGH, Beschl. v. 24.1.2007 - IV ZB 21/06, NJW 2007, 1692; OLG des Landes Sachsen-Anhalt JurBüro 2014, 581; KG MDR 2008, 1424). So verhält es sich hier. Zwar ist in der Sitzungsniederschrift über den Termin vom 5.6.2013 nicht protokolliert, dass eine Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt ist. Eine solche Protokollierung ist für das Entstehen der vollen Terminsgebühr nach VV Nr. 3104 RVG auch nicht erforderlich. Die Erörterung der Sach- und Rechtslage ist nach Wegfall der Erörterungsgebühr auf der Grundlage des RVG kein wesentlicher protokollierungsbedürftiger Vorgang der Verhandlung i.S.v. § 160 Abs. 2 ZPO, weil unmittelbare Rechtswirkungen an den Vorgang der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht anknüpfen (OLGReport Frankfurt 2008, 271). Von einer Erörterung der Sach- und Rechtslage ist in dem vorliegenden Fall vielmehr aufgrund der anwaltlichen Versicherung der Klägerin auszugehen. Der Klägervertreter hat in dem Schriftsatz vom 6.6.2013 und nochmals in dem Schriftsatz vom 12.7.2013 anwaltlich versichert, es sei eine Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt, insbesondere in Bezug auf die Regelung des § 142 InsO. In dem Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO ist es nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus d...