Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines am dritten Ort ansässigen Anwalts
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Gera (Beschluss vom 10.01.2011; Aktenzeichen 2 O 990/06) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Gera vom 10.1.2011 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Beschwerde fallen der Klägerin zur Last.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 362,13 EUR festgesetzt.
Gründe
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Mit zutreffenden Gründen hat das LG die geltend gemachten Fahrtkosten sowie die erhöhten Abwesenheitspauschalen abgesetzt.
Nach gefestigter Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, kann eine Partei, die vor einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, ohne Kostennachteile zu erleiden, einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort zugelassenen Anwalt beauftragen. Die Kosten eines am dritten Ort ansässigen Anwalts sind über die fiktiven Reisekosten eines Anwalts am Wohn- oder Geschäftsort hinaus nur in Ausnahmefällen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich und erstattungsfähig. Das kann sein, wenn es sich bei dem Streitstoff um eine schwierige Spezialmaterie handelt, die nur wenige spezialisierte Anwälte sicher beherrschen oder wenn die Partei die prozessbezogenen Geschäfte nach ihrer unternehmensinternen Organisation vorprozessual am dritten Ort bearbeitet, wie dies vor allem bei Versicherungen anzutreffen ist. Keiner der genannten Fälle liegt hier vor.
Für die Vertretung in dem vorliegenden Rechtsstreit waren keine Spezialkenntnisse erforderlich. Es handelte sich um einen durchschnittlichen Abrechnungsstreit. Aber auch ein Fall des vom Gegner hinzunehmenden Outsourcing ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat allein behauptet, die beauftragten Prozessbevollmächtigten seien ihre Hausanwälte, die ihre sämtlichen Rechtsangelegenheiten bearbeiten. Das allein reicht für die Annahme einer "ausgelagerten Rechtsabteilung" nicht aus. Die von der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung des BGH (MDR 2007, 1222) ist nicht vergleichbar, denn dort hatte die klagende Versicherung eine Zweigstelle am dritten Ort, an der die streitige Rechtsangelegenheit unternehmensintern bearbeitet worden war. Wenn überhaupt könnte die Klägerin ihre Auffassung auf die Entscheidungen stützen, die zur ständigen Vertretung von Versicherungen ohne eigene Rechtsabteilung ergangen sind (z.B. BGH MDR 2004, 539). Auch diese sind aber nicht vergleichbar. Denn es ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin in vergleichbarer Größenordnung Rechtsstreitigkeiten vorzubereiten und durchzuführen hätte. Allein weil ein Unternehmen bei Bedarf regelmäßig denselben Anwalt beauftragt, macht ihn noch nicht zur "ausgelagerten Rechtsabteilung". Mangels weiterer Anhaltspunkte ist daher davon auszugehen, dass es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen wäre, einen Anwalt in Jena oder Gera zu beauftragen. Dass im vorangegangenen Kostenfestsetzungsverfahren die Reisekosten beanstandungsfrei festgesetzt wurden, begründet keinen Anspruch auf eine Festsetzung auch der nunmehr geltend gemachten Kosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Gegenstandswert wurde in Höhe des Kosteninteresses der Klägerin festgesetzt.
Fundstellen