Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird die Gebührenfestsetzung in Nummer 3 des Tenors des Beschlusses der Vergabekammer Thüringen vom 15.07.2016, Az. .../2016-E-004-..., aufgehoben. Die Vergabekammer wird angewiesen, über die Gebührenfestsetzung unter Beachtung der Rechtsausführungen des Senats neu zu entscheiden.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu tragen.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerdegegnerin schrieb im Wege des offenen Verfahrens europaweit Winterdienst- und Störungsbeseitigungsleistungen für im Amtsbereich N... gelegene Bundes- und Landesstraßen aus. Dies erfolgte getrennt für vier Landkreise. Der Leistungszeitraum erstreckt sich vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2021. Das vorliegende Beschwerdeverfahren betrifft die Vergabe dieser Leistungen im K-Kreis.

Ausgeschrieben wurde ein Vertrag, bei dem der Dienstleister die zur Durchführung des Auftrages benötigten Streumaterialien, insbesondere Tausalz und Sole zu beschaffen hat. Dem Auftragnehmer soll die Beschaffung, gegebenenfalls Aufbereitung (Sole) und die Lagerung (Bewirtschaftung) obliegen. Er soll für die ausreichende Bevorratung von Streusalz einschließlich der Sole in vollem Umfang verantwortlich sein. Der Auftragnehmer soll die Streustoffe zu Beginn der Winterdienstsaison einlagern, wobei die Lieferung und Nachlieferungen durch Lieferverträge zu vereinbaren sind. Der Auftragnehmer soll verpflichtet sein, ein bestimmtes Mindeststreusalzvolumen pro Winterdienstsaison in Höhe von 2.100 Tonnen vorzuhalten. Das eingesetzte Streumaterial soll gesondert vergütet werden, wobei die Kosten für die Beschaffung, Lagerung, Verladung und ggf. Aufbereitung in die Preise einzukalkulieren sind. Als weitere Leistungspositionen sind die Lieferung von 60 Tonnen Splitt als Streustoff sowie das Aufstellen von Streustoffbehältern und deren kontinuierliches Kontrollieren und Nachfüllen vorgesehen.

Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen, das u.a. Auftaustoffe für den Winterdienst der öffentlichen Hand liefert. An der Ausschreibung hat sie sich nicht beteiligt. Im von ihr angestrengten Nachprüfungsverfahren hat sie gerügt, die Vergabestelle habe gegen das Gebot der Losaufteilung verstoßen. Sie hat vorgetragen, dass sie sich an dem Vergabeverfahren mit Aussicht auf Erfolg beteiligt hätte, wenn die Vergabestelle ein Fachlos für die Lieferung von Salz und Sole gebildet hätte.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Nachprüfungsverfahren wird auf die Darstellung unter Nr. 1 auf 2 ff. des angefochtenen Beschlusses der Vergabekammer vom 15.07.2016 Bezug genommen.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin als unbegründet zurückgewiesen. Nach Ansicht der Vergabekammer handelt es sich bei der ausgeschriebenen Leistung um eine Dienstleistung. Die Vergabestelle habe kein Tausalz und keine Sole für sich beschaffen wollen. Dementsprechend sei sie auch nicht verpflichtet gewesen, die Lieferung von Salz und Sole als Teil- bzw. Fachlos auszuschreiben. Anders als in anderen Bundesländern beschaffe der Freistaat T... als Auftraggeber nicht selbst Tausalz und Sole. Seit der "Privatisierung" der Winterdienstleistungen im Jahre 1994 sei das Land gar nicht mehr in der Lage, die Aufgabe "Winterdienstleistungen und Störungsbeseitigung" selbst zu erbringen. Durch die Vorgaben des Vergaberechts könne ein öffentlicher Auftraggeber aber nicht gezwungen werden, sich anders zu organisieren. Die Beschwerdeführerin habe deshalb keinen Anspruch darauf, dass der Freistaat den Winterdienst und die Störungsbeseitigung künftig zumindest teilweise wieder selbst in die Hand nehme, damit sich die Beschwerdeführerin aufgrund einer Fachlosbildung für die Lieferung von Tausalz und Sole an der Ausschreibung beteiligen könne.

Das Land habe die Grenzen der ihm eingeräumten Bestimmungsfreiheit, die sich sowohl auf den Beschaffungsgegenstand selbst als auch auf die Bedingungen für die Auftragsvergabe erstrecke, nicht überschritten. Während die Vergabestelle dem Gebot der Teillosbildung entsprochen habe, indem sie nicht für den gesamten Amtsbereich N... eine Ausschreibung, sondern vielmehr für vier Landkreise gesonderte Ausschreibungen vorgenommen habe, habe sich die Frage der Fachlosbildung gar nicht gestellt. Denn bei den weiteren in der Ausschreibung genannten Leistungen habe es sich lediglich "um sog. 'Nebenleistungen' zur ausschreibungsgegenständlichen Hauptleistung 'Winterdienst'" gehandelt. Deren "Verfügbarkeit" habe "allein ein Element der Eignungsprüfung dar[ge]stellt".

Im Rahmen ihrer Kostenentscheidung ist die Vergabekammer von einem geschätzten Brutto-Auftragswert von ... Mio. EUR ausgegangen, der sich auf die gesamten Winterdienst- und Störungsbeseitigungsmaßnahmen in d...

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