Leitsatz (amtlich)
Zum notwendigen Inhalt der Verfahrensrüge der Nichtgewährung des letzten Wortes bei der auf die Versagung rechtlichen Gehörs gestützten Zulassungsrechtsbeschwerde einerseits und der nicht zulassungsbedürftigen Rechtsbeschwerde andererseits.
Verfahrensgang
AG Bad Salzungen (Entscheidung vom 09.09.2003; Aktenzeichen 310 Js 19535/02 - 1 Owi) |
Tenor
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Da in dem angefochtenen Urteil gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 50,- EUR festgesetzt wurde, kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nur zur Fortbildung des Rechts bei Verletzung des materiellen Rechts oder im Falle der Versagung des rechtlichen Gehörs in Betracht (§ 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 OWiG).
Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts steht hier bereits das Unterbleiben einer Sachrüge entgegen.
Die erhobenen Verfahrensrügen sind nur insoweit beachtlich, als mit ihnen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird. Dies geschieht hier dadurch, dass der Betroffene rügt, ihm sei entgegen § 258 Abs. 2 2. Hs. StPO, § 71 Abs. 1 OWiG nicht das letzte Wort gewährt worden. Der Betroffene versäumt es jedoch darlegen, was er im Falle seiner Anhörung geltend gemacht hätte.
Dieser Vortrag ist nach ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum Voraussetzung der Zulässigkeit eines auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützten Zulassungsantrages (siehe nur OLG Hamm VRS 97 (1999), 142, 143; OLG Düsseldorf VRS 94 (1998), 281, 282; BayObLG NZV 1999, 99; DAR 1993, 375; KK-Steindorf, OWiG, 2. Aufl., § 80 Rn. 40c; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rn. 16c, jeweils m.w.N.).
Dem steht nicht entgegen, dass bei einer zulässigen Rechtsbeschwerde (ebenso wie bei einer zulässigen Revision) eine mit der Nichtgewährung des letzten Wortes begründete Verfahrensrüge in aller Regel keine Ausführungen dazu erfordert, was der Betroffene im Falle der Gewährung des letzten Wortes vorgetragen hätte (siehe nur BGHSt 21, 288, 290; KK-Schoreit, StPO, 5. Aufl., § 258 Rn. 36; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 258 Rn. 33). Der Grund für den Verzicht auf entsprechende Ausführungen liegt darin, dass ein Beruhen der Entscheidung auf diesem Verfahrensfehler i.S.d. § 337 Abs. 1 StPO bereits dann angenommen wird, wenn sich eine Ursächlichkeit nicht ausschließen lässt (BGHSt 21, 288, 290; 22, 278, 280 f; KK-Schoreit, a.a.O., § 258 Rn. 37), und dass ein Beruhen des Urteils auf der Versagung des Schlussgehörs nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden kann (BGHSt 21, 288, 290; 22, 278, 281).
Im Zulassungsverfahren nach § 80 OWiG gelten hingegen andere Maßstäbe. Zweck der Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Versagung des rechtlichen Gehörs gem. § 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 OWiG ist die Behebung von Verstößen gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs auf der Ebene der Fachgerichte zur Vermeidung von Verfassungsbeschwerden (siehe nur BVerfG, NJW 1992, 2811, 2812; OLG Düsseldorf VRS 94 (1998), 281, 282; Wieser OWiG, § 80 Rn. 2.3; BayObLG NZV 1999, 99; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 80 Rn. 8; KK-Steindorf, OWiG, 2. Aufl., § 80 Rn. 40; Göhler, a.a.O., Rn. 16c). Das rechtliche Gehör i.S.d. § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ist demgemäß nur dann versagt, wenn Art. 103 Abs. 1 GG verletzt ist. Diese Bestimmung verkörpert ein subjektives öffentliches Recht des Bürgers gegenüber dem Gericht, sich zu allen entscheidungserheblichen und ihm nachteiligen Tatsachen und Beweisergebnissen äußern zu können, sowie den Anspruch, dass das Gericht die Ausführungen des Betroffenen zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 80 Rn. 7).
Art. 103 Abs. 1 GG enthält die Mindestgarantie des rechtlichen Gehörs, die über die Vorschriften des einfachen Prozessrechts hinausgehen kann. Auf der anderen Seite kann die Verletzung von Verfahrensvorschriften des Prozessrechts, die über Art. 103 Abs. 1 GG hinausgehen, nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG nicht geltend gemacht werden. Dem Gebot des rechtlichen Gehörs wird bereits entsprochen, wenn der Betroffene Gelegenheit zur Äußerung hatte und zwar auch zur schriftlichen Äußerung, soweit die mündliche Anhörung nicht vorgeschrieben ist (BayObLG NZV 1992, 43, 44; Wieser, a.a.O.). Nur dann, wenn der Betroffene überhaupt keine Möglichkeit hatte, sich zu allen entscheidungserheblichen und ihm nachteiligen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern, liegt ein Verfassungsverstoß vor (vgl. BayObLG NZV 1992, 43, 44; Wieser, a.a.O.). Das kann bei Nichtgewährung des Schlussvortrags bzw. des letzten Wortes der Fall sein. Zur Beurteilung des tatsächlichen Vorliegens einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebotes der Gewährung des rechtlichen Gehörs bedarf es jedoch der Darlegu...