Verfahrensgang

AG Gotha (Entscheidung vom 04.04.2014; Aktenzeichen 982 Js 12574/13 96 Ds)

 

Tenor

Das Thüringer Oberlandesgericht ist für die Entscheidung über das als Berufung zu behandelnde Rechtsmittel des Angeklagten nicht zuständig.

Die Sache wird zur Durchführung des Berufungsverfahrens an das Landgericht Erfurt abgegeben.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Gotha verurteilte den Angeklagten am 04.04.2014 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung. Mit Schriftsatz vom 08.04.2014, eingegangen am 09.04.2014, legte der Wahlverteidiger Rechtsanwalt K---, der den Angeklagten vor und in der Hauptverhandlung vertreten hatte und dessen schriftliche, u. a. ausdrücklich die Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln umfassende Vollmacht sich bei den Akten befindet, Berufung gegen das in seiner und des Angeklagten Anwesenheit verkündete Urteil ein. Mit einem am 11.04.2014 - sowohl als Fax als auch im Original - beim Amtsgericht eingegangenen, "für Rechtsanwälte W--- und Kollegen" unterzeichneten Schriftsatz vom selben Tag zeigte auch Rechtsanwalt G--- unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht (ebenfalls vom 11.04. 2014) die Verteidigung des Angeklagten an und legte namens und im Auftrag des Mandanten Rechtsmittel gegen das am 04.04.2014 verkündete Urteil ein. In der bei den Akten befindlichen Vollmacht heißt es unter Ziff. 3 u. a.:

"Die Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln darf der Bevollmächtigte nur bei offensichtlichem Erfolg, nicht rechtzeitiger Erreichbarkeit des Vollmachtgebers und/oder anderweitigen Unwägbarkeiten (z. B. fristwahrend) einlegen und zurücknehmen. Auf die gesonderten Vereinbarungen zur Übernahme und Bearbeitung von Mandanten wird Bezug genommen."

Das mit den Gründen am 08.05.2014 zur Geschäftsstelle gelangte Urteil vom 04.04.2014 wurde den Verteidigern zunächst formlos übersandt. Nach gewährter Akteneinsicht und bereits erfolgter Aktenvorlage an das Berufungsgericht ("zur Entscheidung über die Berufungen") teilte Rechtsanwalt G--- in einem wiederum "für Rechtsanwälte W--- und Kollegen" unterzeichneten Schriftsatz vom 10.06.2014, eingegangen beim Amtsgericht Gotha am selben Tage, mit:

"... bezeichnen wir das ... eingelegte Rechtsmittel als Revision (Sprungrevision)"

und begründete diese mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Eine ausdrückliche Erklärung zu der von Rechtsanwalt K--- eingelegten Berufung enthält der Schriftsatz nicht.

Nach Weiterleitung dieses Schriftsatzes an das Landgericht Erfurt veranlasste das Berufungsgericht mit Verfügung vom 09.07.2014 unter Hinweis auf die Sprungrevision und das Verfahren nach § 347 StPO die Rücksendung der Akten an das Amtsgericht Gotha, bei dem zunächst die förmliche Urteilszustellung an Rechtsanwalt G--- (Empfangsbekenntnis vom 14.08.2014) nachgeholt und die Akten sodann der Staatsanwaltschaft Erfurt z. w. V. vorgelegt wurden.

Mit Schriftsatz vom 25.09.2014 teilte Rechtsanwalt K--- der Staatsanwaltschaft Erfurt mit, dass er das Verteidigermandat niederlege. Unter dem 02.10.2014 legte die Staatsanwaltschaft die Akten unter Hinweis auf die von Rechtsanwalt K--- eingelegte und bisher nicht zurückgenommene Berufung von Rechtsanwalt K--- erneut dem Landgericht Erfurt vor. Auf entsprechende Anfrage der Berufungskammer vom 13.10.2014 erklärte Rechtsanwalt G--- mit Schriftsatz vom 27.10.2014 namens und im Auftrag des Angeklagten nunmehr die "Rücknahme" der durch Rechtsanwalt K--- eingelegten Berufung vom 08.04.2014 und teilte mit, dass das eingelegte Rechtsmittel der Sprungrevision aufrechterhalten bleibe.

Am 05.11.2014 beschloss das Landgericht Erfurt, dass der Angeklagte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen habe, "nachdem er die Berufung vom 08.04.2014 gegen das Urteil des Amtsgerichts Gotha vom 04.04.2014 zurückgenommen hat", und sandte die Akten nach Zustellung der Entscheidung unter Hinweis auf die Beendigung des Berufungsverfahrens an die Staatsanwaltschaft zurück.

Nach zwischenzeitlicher (versehentlicher) Aktenübersendung an das Amtsgericht Gotha zur Anbringung eines Rechtskraftvermerks wurden die Akten schließlich wieder der Staatsanwaltschaft zur Weiterleitung an das Revisionsgericht versandt.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat mit Vorlage der Akte an den Senat beantragt, die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Gotha vom 04.04.2014 als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Eine Entscheidung des Senats über die "Revision" ist nicht veranlasst, da das Rechtsmittel des Angeklagten mangels eindeutiger und innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erfolgter Rechtsmittelwahl als Berufung durchzuführen ist, über die die zuständige Strafkammer des Landgerichts Erfurt zu befinden hat.

Als Rechtsmittel gegen ein amtsgerichtliches Urteil im Strafverfahren ist die Berufung oder - statt dieser (§ 335 Abs. 1 StPO) - die Revision zulässig. Legen verschiedene Beteiligte unterschiedliche Rechtsmittel ein, so wird eine in zulässiger Form eingelegte Revision nach Maß...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?