Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines vorgerichtlich zum Zwecke der Berechnung des eingetretenen Verdienstausfallschadens eingeholten Sachverständigengutachtens sind erstattungsfähig, sofern der Geschädigte diesen nicht selbst berechnen kann. Der Geschädigte ist nicht auf Berechnungsmöglichkeiten der gegnerischen Versicherung zu verweisen.
Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 19.01.2007; Aktenzeichen 3 O 496/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Gera vom 19.1.2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten vom 6.2.2007 gegen das Urteil des LG Gera vom 19.1.2007 ist nach Gewährung rechtlichen Gehörs gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen, da das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundlegende Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erfordert.
Die Parteien streiten vorliegend um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Die 100 %-ige Eintrittspflicht der Beklagten steht außer Streit. Erstinstanzlich im Streit stand lediglich die Höhe des angefallenen Verdienstausfalls und die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein Gutachten zur Berechnung des Verdienstausfallschadens, welches der Kläger vorgerichtlich in Auftrag gegeben hat.
Das Erstgericht hat dem Kläger den verlangten Verdienstausfall weitgehend zugesprochen. Ebenfalls zugesprochen hat es ihm die angefallenen Gutachterkosten i.H.v. 3.401,40 EUR.
Mit der Berufung wehrt sich die Beklagte lediglich gegen die zugesprochenen Gutachterkosten. Sie vertritt die Auffassung, dass durch die Inauftraggabe des Gutachtens durch den Kläger dieser gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat.
Diese Ansicht vermag der Senat nicht zu teilen. Denn ein Schädiger hat grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens zu erstatten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung war es vorliegend bereits allein aus Sicht des Beklagten notwendig, ein solches Gutachten erstatten zu lassen, da, wie auch die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung nicht in Abrede stellt, dieser nicht allein in der Lage gewesen wäre, einen solchen Schaden konkret zu beziffern. Es mag sein, dass die Beklagte in der Lage gewesen wäre, anhand entsprechender Unterlagen von sich aus eine Berechnung vorzunehmen. Darauf braucht sich der Kläger aber nicht verweisen zu lassen, da es sich bei der Beklagten im Rahmen der Schadensregulierung um keinen objektiven Sachverständigen handelt, der zur Neutralität und Objektivität verpflichtet ist. Die Beklagte nimmt auch im Rahmen der Schadensregulierung vornehmlich ihre eigenen Interessen und die der bei ihr versicherten Personen wahr.
Zur notwendigen Rechtsverfolgung gehört somit vorliegend auch, dass dem Kläger das Recht eingeräumt wird, sich durch ein Sachverständigengutachten Klarheit über die Höhe des Verdienstausfallschadens zu verschaffen, der von ihm berechtigterweise verlangt werden kann.
Einer Entscheidung des Berufungsgerichtes bedarf es vorliegend auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer grundsätzlichen Bedeutung, einer Fortbildung des Rechtes oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, da es sich hier um eine Einzelfallentscheidung handelt und die Entscheidung von der Rechtsprechung des BGH nicht abweicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, ohne dass es insoweit eines besonderen Ausspruches bedarf.
Fundstellen
MDR 2008, 211 |
OLGR-Ost 2007, 1032 |