Leitsatz (amtlich)
Keine Umdeutung der Entscheidung der allgemeinen Beschwerdekammer des Landgerichts über die sofortige Beschwerde gegen einen Widerrufsbeschluss des erkennenden Amtsgerichts in eine (mit der sofortigen Beschwerde zum OLG anfechtbare) erstinstanzliche Widerrufsentscheidung, wenn die Beschwerdekammer nicht zugleich die funktionell zuständige Strafvollsteckungskammer ist.
Eine außerordentliche (weitere) Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist für das Strafverfahren nicht anzuerkennen.
Normenkette
StGB § 56f; StPO § 310 Abs. 2, § 462 Abs. 3 S. 1, § 462a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Gera (Entscheidung vom 18.01.2010; Aktenzeichen 2 Qs 14/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten verworfen.
Gründe
I. Durch Urteil des Amtsgerichts Rudolstadt - Schöffengericht - vom 27.11.2008, rechtskräftig seit diesem Tage, wurde der Verurteilte wegen 16-fachen vollendeten Diebstahls sowie wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde (630 Js 24772/08).
Wegen eines in der Nacht vom 11.03.2009 und damit in laufender Bewährung begangenen Diebstahls in besonders schwerem Fall wurde der seit dem 29.05.2009 in Untersuchungshaft in der JVA G befindliche Verurteilte durch Urteil des Amtsgerichts Rudolstadt - Schöffengericht - vom 26.10.2009, rechtskräftig seit diesem Tage, zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt (691 Js 15175/09).
Im Hinblick auf diese Verurteilung beantragte die Staatsanwaltschaft Gera am 09.11.2009, die durch Urteil vom 27.11.2008 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen. Der Antrag wurde dem Verurteilten am 10.11.2009 durch das Amtsgericht Rudolstadt zur Stellungnahme an die JVA G übermittelt. Mit Schreiben vom 28.11.2009 äußerte sich der mittlerweile in Strafhaft in der JVA Go befindliche Verurteilte zu dem Antrag.
Mit Beschluss vom 07.12.2009 widerrief das Amtsgericht Rudolstadt die bewilligte Strafaussetzung im Hinblick auf die Verurteilung vom 26.10.2009. Der Beschluss wurde dem Verurteilten am 16.012.2009 in der JVA Go zugestellt.
Die am 22.12.2009 beim Amtsgericht Rudolstadt eingegangene sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss vom 07.12.2009 hat die 2. Strafkammer des Landgerichts Gera als Beschwerdekammer mit Beschluss vom 18.01.2010 als unbegründet verworfen. Gegen diesen Beschluss, der am 25.01.2010 formlos an den Verurteilten versandt worden ist, richtet sich dessen am 03.02.2010 beim Landgericht Gera eingegangenes Rechtsmittel.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 19.03.2010 beantragt, den Beschluss des Landgerichts Gera vom 18.01.2010 aufzuheben, den Beschluss des Amtsgerichts Rudolstadt vom 07.12.2009 für gegenstandslos zu erklären und die dem Verurteilten durch Urteil des Amtsgerichts Rudolstadt - Schöffengericht - vom 27.11.2008 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen.
II. Bei dem vom Verurteilten als "sofortige Beschwerde" bezeichneten Rechtsmittel handelt es sich der Sache nach um eine weitere Beschwerde, denn sie richtet sich gegen die auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten hin ergangene Entscheidung des Landgerichts Gera.
Die weitere Beschwerde des Verurteilten ist gemäß § 310 Abs. 2 StPO unzulässig.
Nach dieser Vorschrift findet eine weitere Anfechtung der auf eine Beschwerde ergangenen Entscheidungen außer bei Verhaftungen, einstweiligen Unterbringungen und dinglichen Arresten nicht statt.
Der vom Verurteilten angegriffene Beschluss des Landgerichts ist im Sinne dieser Vorschrift "auf eine Beschwerde ergangen" und damit unanfechtbar. Er ist nicht als erstinstanzliche Entscheidung über den Widerruf der Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung zu werten, die nach § 462 Abs. 3 Satz 1 StPO mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden könnte.
Im vorliegenden Fall ist - wie die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zu Recht ausgeführt hat - nicht das Amtsgericht Rudolstadt, sondern das Landgericht für den Widerruf der Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung nach § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO zuständig gewesen. Denn zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung befand sich der Verurteilte bereits zur Verbüßung der einjährigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 26.10.2009 in Strafhaft in der JVA Go. Da § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO aber die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer begründet, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, wäre auch nach dieser Norm nicht die Beschwerdekammer des Landgerichts Gera, sondern die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Meiningen zur erstinstanzlichen Entscheidung über den Bewährungswiderruf berufen gewesen. Die 2. Strafkammer des Landgerichts Gera, der keine Strafvollstreckungssachen zugewiesen sind und die als Beschwerdekammer über den Bewährungswiderruf entschieden hat, wäre für eine erstinstanzliche Entscheidung der funktionell unzuständige Spruchkörper ...