Verfahrensgang
LG Erfurt (Aktenzeichen 8 O 1045/18) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 01.11.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 21.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit der sogenannten "Dieselthematik". Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage die Rückerstattung des Kaufpreises für ihren ... Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs.
Mit Beschluss vom 15.06.2020 (BI. 371 ff d.A.) hat der Richter... als Einzelrichter das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH diverse Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt, die vom Gericht als für den hiesigen Rechtsstreit entscheidungserheblich befunden worden sind.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.02.2021 (BI. 415 d.A.) dem Gericht sowie der Klägerin mitgeteilt, dass sie am 16.02.2021 die streitgegenständliche Forderung nebst Zinsen überwiesen und somit vollständig erfüllt habe. Zudem wies sie darauf hin, die Kosten des Rechtsstreits anzuerkennen.
Mit Schriftsatz vom 4. März 2021 (BI. 418ff d.A.) teilte die Klägerin daraufhin mit, den Rechtsstreit trotz Erfüllung nicht für erledigt erklären zu wollen. Dieser Schriftsatz wurde durch das Gericht am 24. März 2021 mit einer Stellungnahmefrist von zwei Monaten ab Zugang an die Beklagte weitergeleitet. Bereits am 20.04.2021 hat der Einzelrichter durch den ausführlich begründeten Beschluss ausgesprochen, dass das Ausgangsverfahren ausgesetzt bleibt und der Europäische Gerichtshof weiterhin um eine Antwort auf die beiden Fragen aus dem Vorlagebeschluss vom 15.06.2020 ersucht werde (BI. 433 d.A.).
Dies nahm die Beklagte zum Anlass, den Richter... wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung führt sie an, der abgelehnte Richter habe trotz laufender Stellungnahmefrist bereits die Entscheidung der weiteren Aussetzung getroffen und habe damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Hinzu komme, dass der Richter mehrfach und offenkundig gegen geltendes Zivilprozessrecht verstoßen habe. So sei die Aussetzung des Verfahrens aus persönlichem Interesse aufrechterhalten worden, obwohl die Klägerin klaglos gestellt worden sei. Man habe mit der Zahlung zu erkennen gegeben, dass man sich gegen die Forderung der Klägerin nicht mehr verteidigen werde. Ein objektives Interesse der Parteien an der streitigen Fortführung des Verfahrens bestehe daher nicht mehr. Dies habe der Richter unter Verstoß gegen den Justizgewährungsanspruch missachtet, um seine persönlichen Interessen an der Klärung bestimmter Rechtsfragen zu befriedigen. Er stilisiere den vorliegenden Rechtsstreit erkennbar zum Politikum, da er sich dazu berufen fühle, vermeintliche Versäumnisse des BGH nachzuholen und abstrakte Rechtsfragen ohne Relevanz für den vorliegenden Individualrechtsstreit klären zu lassen. Das durchgängige Vertreten von Mindermeinungen zu ihren Lasten und die offene Ablehnung gefestigter Rechtsprechung des BGH würden ebenfalls berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit begründen. Schließlich habe der Richter bereits durch seine Entscheidung, die Aufrechterhaltung der Aussetzungsentscheidung nicht zuerst der Kammer vorzulegen, einen groben verfahrensrechtlichen Verstoß begangen.
Der Richter ... hat am 11.08.2021 umfangreich zum Ablehnungsgesuch dienstlich Stellung genommen (BI. 497ff d.A.).
Die Klägerin ist dem Befangenheitsgesuch entgegengetreten.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 01.11.2021, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, das Befangenheitsgesuch der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie führt an, dass an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit vor allem deshalb Zweifel bestünden, weil der Einzelrichter das geltende Zivilprozessrecht missachtet und die ihm durch die ZPO zuerkannten Befugnisse zu dem alleinigen Zweck willkürlich überschritten habe, eigene Interessen, die jenseits des hiesigen Rechtsstreits lägen und offenbar rein persönlicher Natur seien, zu Lasten der Prozessparteien durchzusetzen wolle. So sei sie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG erheblich verletzt, weil der Einzelrichter einen Beschluss über die Fortsetzung der Aussetzungsentscheidung erließ, obwohl er ihr eine noch laufende Frist zur Stellungnahme gesetzt hatte. Der Einzelrichter missachte überdies die Dispositionsmaxime indem er ein zivilrechtliches Verfahren fortsetzen wolle, obwohl sich dieses objektiv erledigt habe. Die Verfahrensrechte der Beklagten würden hierdurch derart schwerwiegend missachtet, dass sich der Eindruck einer sachwidrigen auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdränge.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 01.02.2022 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig; i...